Friedrich Merz bleibt dabei: Die Grünen sollen schuld am Aufschwung der AfD sein. Für die These spricht wenig. Die Kritik am Kurs der CDU wird lauter – und kommt auch aus dem eigenen Umfeld.
Grüne sollen verantwortlich sein„Trumpeske Verwischung“ – Scharfe Kritik an CDU-These zu AfD-Aufschwung
Friedrich Merz hat seine Behauptung erneut bekräftigt, die Grünen seien mit ihrer Regierungspolitik innerhalb der Ampel-Koalition hauptverantwortlich für das Erstarken der AfD in den jüngsten Umfragen.
Zugleich schloss der CDU-Chef eine Kooperation seiner Partei mit der „Alternative für Deutschland“ aus. Merz hatte zuvor am vergangenen Wochenende bereits das von den Grünen angeblich in Bevormundung herbeigeführte Gendern als Grund für die Zugewinne der AfD ausgemacht.
Friedrich Merz bekräftigt These über AfD und Grüne: „Ich bleibe dabei“
„Ich bleibe dabei: Für den Zustand der AfD ist nicht die Union verantwortlich, sondern überwiegend die Regierung und insbesondere die Grünen“, schrieb Merz am Montagvormittag bei Twitter. Die Menschen seien „die Bevormundung“ durch die Grünen leid, führte der CDU-Chef aus. Die Union müsse „denen eine Stimme“ geben, die zur „schweigenden Mehrheit“ gehörten.
Das „Problem der irregulären Migration nach Deutschland“ müsse gelöst werden, erklärte Merz zudem und lobte seinen Parteikollegen Michael Kretschmer, Ministerpräsident von Sachsen, für seinen Vorschlag für eine „gemeinsame Kommission“. Die Bundesregierung sei dazu eingeladen, „hier mit uns zusammen nach Wegen zu suchen“.
These von Friedrich Merz: Landtagswahlen zeigen andere Trends bei Wählerwanderung in Richtung AfD
Bei den letzten Wahlen in Deutschland zeigte sich allerdings ein anderer Trend bezüglich der vermeintlichen Wählerwanderung von den Grünen hin zur AfD: Bei der Abgeordnetenhauswahl in Berlin wanderten mehr Linken-, SPD-, und FDP-Wähler in Richtung der AfD ab als vorherige Grünen-Wähler.
Bei der Landtagswahl in NRW im Jahr 2022 gewann die AfD lediglich Stimmen von einstigen FDP-Wählern. In Niedersachsen entschieden sich 2022 derweil hauptsächlich vorherige CDU und FDP-Wähler für eine Stimme für die AfD. Eine Wählerwanderung von den Grünen war unterdessen nicht nachweisbar. Ein ähnliches Bild zeigte sich nach der Landtagswahl im Saarland im vergangenen Jahr: Hier konnte die AfD lediglich vorherige Stimmenanteile der Linken und der CDU für sich gewinnen.
Grüne und Deutscher Journalistenverband kritisieren CDU-Chef Friedrich Merz
Während Merz weiterhin die Gründe für das Erstarken der AfD bei den Grünen sieht, erklärte die Fraktionschefin der Grünen, Britta Haßelmann, am Montag, dass alle demokratischen Parteien für die starken Umfragewerte der Rechtspopulisten verantwortlich seien.
„Es gibt immer mehrere Gründe, Faktoren, die für ein solches Umfragehoch eine Rolle spielen“, sagte Haßelmann am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Es sei „völlig falsch zu sagen: Es gibt einen Grund und es ist eine Partei“. Alle demokratischen Parteien müssten sich fragen, was bei den Menschen für Verunsicherung sorge und warum sie mit den demokratischen Parteien unzufrieden seien.
Kritik an Friedrich Merz: „Die Situation ist ernst und er geistert nur hetzend durch die Gegend“
Merz Behauptung hatte bereits am Wochenende für scharfe Kritik gesorgt. „Die Situation ist ernst und er geistert nur hetzend durch die Gegend“, hatte die Grünen-Politikerin Renate Künast auf Twitter geschrieben. „Wie wärs mal mit Konzepten?“, fragte Künast weiter und warf Merz vor, der AfD „durch Hetze Stimmen zuzutreiben“. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte insbesondere Merz‘ Äußerungen zum Gendern in Nachrichtensendungen als „blanken Populismus“.
Zuspruch hatte Merz am Wochenende von einigen Parteikollegen erhalten. Auch der AfD-Politiker Stephan Brandner kommentierte Merz‘ These wohlwollend. Am Montag unterstützt die CDU-Politikerin Karin Prien, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein, die Bekräftigung des Parteichefs. „So ist es, und kein Millimeter anders“, schrieb Prien zum Tweet von Merz.
CDU-Politiker Philipp Amthor unterstützt Friedrich Merz bei „Anne Will“
Zuvor hatte bereits CDU-Politiker Philipp Amthor die Behauptung des CDU-Chefs in der Talkshow „Anne Will“ am Sonntagabend gestützt und ebenfalls behauptet, die Grünen seien für den Aufschwung der AfD verantwortlich. Das würden Daten zur Wählerwanderung belegen, erklärte Amthor.
Kritik bekam der CDU-Politiker dafür auch aus dem Umfeld der eigenen Partei. „Unerträglich polemisch und naseweis“ sei der Auftritt Amthors bei „Anne Will“ gewesen, schrieb der CDU-nahe Politologe Andreas Püttmann bei Twitter. Dass Amthor von einem „Aufschwung unter Merz“ bei der CDU gesprochen habe, sei „trumpeske Verwischung von Wunsch und Wirklichkeit“, führte Püttmann aus, die CDU habe „im Schnitt der letzten acht Umfragen“ lediglich knapp fünf Prozent hinzugewonnen.
Bereits innerhalb der ARD-Talkshow hatte der Soziologe Steffen Mau von der Berliner Humboldt-Universität der These von Merz und Amthor widersprochen. Das Gender-Thema sei „überpolarisiert“, auch sei die Gesellschaft nicht „gespalten“, erklärte Mau. Ein derartiges Thema größer zu machen, als es sei, sei „gefährlich und hochproblematisch“, führte der Soziologe aus. „Wenn man den Erfolg der AfD erklären will, braucht man mehr als eine monokausale Erklärung“, so Mau.