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„Fressen mir aus der Hand“Bergheimer Biologe hat mehr als 20.000 Insekten in seinem Haus

Lesezeit 4 Minuten
An Mann sitzt an einer Stereolupe, mit der er Insekten in Schaukästen untersuchen kann.

Dr. Reiner Pospischil ist ein Fachmann für Insekten. In seinem Haus in Fliesteden verfügt er über eine Sammlung von mehr als 20.000 Tieren in Schaukästen.

Dr. Reiner Pospischil aus Fliesteden kennt sich bestens mit Schädlingen aus – und weiß, wie man sie wieder loswird.

Dr. Reiner Pospischil ist ein Mann für besondere Fälle. Er ist Experte für Insekten und dabei im Besonderen für Schädlinge – und wie man gegen sie vorgeht. Von Schädlingsbekämpfung allerdings möchte Pospischil nicht reden. „Eher von Schädlingsmanagement“, sagt der Biologe, der an der Uni Köln promoviert hat. „Mit der Flasche Paral sollte man schon lange nicht mehr gegen Insekten vorgehen.“

Auch das Wort Schädlinge sei eigentlich falsch. „Die Tiere sind nur zur falschen Zeit am falschen Ort.“ In seinem Haus hält der 72-Jährige, der auch heute noch Vorträge hält und Gutachten erstellt, eine Sammlung mit Abertausenden Insekten in Schaukästen vor. Wie viele es genau sind, vermag der Wissenschaftler gar nicht zu sagen. „Ich schätze, es sind 20.000 bis 30.000.“

Fliestedener bestimmt Schädlinge

Die Tiere benötigt er zum Abgleich. Denn immer wieder werden dem Fliestedener Insekten oder Spinnen zur Bestimmung gebracht, etwa von Schädlingsbekämpfern, die wissen wollen, wie sie gegen eine Insektenart vorgehen können, und dafür eine exakte Identifizierung brauchen.

Ein Klassiker unter den Tieren, die ihm zur Identifizierung gebracht werden, ist die Vogelspinne in der Bananenkiste aus dem Supermarkt. „Das kommt immer mal wieder vor“, sagt Pospischil. Meist seien die Tiere noch sehr klein, würden in Südamerika in den Kisten mit verpackt und könnten tatsächlich erst im Supermarkt wieder flüchten, wenn die Folie entfernt wird.

Ein handtellergroßes Exemplar aus einem Supermarkt in Hessen ist bei Pospischil nun unter Glas zu sehen. „Ich töte die Tiere ja nicht einfach, wenn sie zu mir kommen.“ Diese Spinne aus Kolumbien etwa sei daumennagelgroß gewesen, als man sie ihm zur Bestimmung gebracht habe. „Sie hat zwei Jahre bei mir gelebt.“ Und gefährlich seien auch die giftigen Arten nicht, wenn man richtig mit ihnen umgehe. „Die meisten Tiere fressen mir irgendwann aus der Hand.“

Pospischil kommt gern in kniffligen Fällen zum Einsatz. So wurde er zu einer Burg aus dem 12. Jahrhundert in NRW gerufen, in der aus einem stattlichen, zehn Meter langen Eichenbalken immer wieder Ameisen krabbelten. Von außen jedoch sah der Balken tadellos aus, von Fäulnis oder Schädlingen keine Spur. „Die Ameise war in dem Fall eine Zeigerart“, sagt Pospischil. „Sie war ein Hinweis auf Faulholz – denn nur dort baut sie ihre Nester.“

Kampf gegen Insekten in Museen

Es stellte sich heraus, dass der Balken innen von einem Pilz befallen und faul war, das Holz also irgendwann einmal feucht geworden sein muss. Recherchen ergaben, dass die Burg im Zweiten Weltkrieg einen Bombentreffer erlitten hatte und vermutlich dabei Nässe und Pilz in den Balken geraten waren.

Auch Museen ziehen Pospischil gern zurate. In einem naturwissenschaftlichen Museum in Österreich hat er gerade erst 1000 Klebefallen ausgewertet. Seine Arbeit ist wichtig, um die Kulturgüter zu erhalten.

Wellpappe ist die Sozialwohnung für Insekten.
Dr. Reiner Pospischil, Biologe

„Eigentlich darf nichts direkt in Museen hinein geliefert werden“, sagt Pospischil. Schon gar nicht in Kartons. „Wellpappe ist die Sozialwohnung für Insekten.“ Schädlinge könnten sich auch etwa im Gefieder eines präparierten Vogels verbergen, der neu in ein Museum komme. Und so sollte es in Museen eine eigene externe Anlieferung sowie einen Quarantäneraum geben.

Für Bücher etwa seien die Papierfischchen eine Gefahr, Verwandte der früher weit verbreiteten Silberfischchen. Doch gegen diese Insekten gebe es simple Mittel, ohne dass man gleich mit Gift arbeiten müsse. „Man nimmt Metallregale, stellt die Füße in Behälter mit Öl oder Wasser, rückt sie von den Wänden weg und bringt unten an den Wänden noch ein Band aus Aluminium an – schon kommen die Papierfischchen nicht mehr an die Bücher.“

Zahlreiche tote Käfer in einem Schaukasten.

In seinem Haus in Fliesteden verfügt Reiner Pospischil über eine Sammlung von mehr als 20.000 Insekten in Schaukästen.

Für die heimische Region rät Pospischil dringend zu mehr Hecken in den Feldern. „Wenn wir Hecken zwischen den Äckern hätten, hätten wir eine Fauna, die auch dem Landwirt hilft“, sagt der Biologe. Laufkäfer etwa fressen Schädlinge, Vögel hätten Refugien, und die Hecken können das Wasser viel besser halten als Felder.