Nach 1000 Tagen erzwungener Auszeit feierten die Fans jetzt wieder die „Night of the Proms“. Und verabschiedeten sich ergriffen von dem verstorbenen John Miles, der 25 Jahre lang Gesicht und Stimme der Show war.
Night of the Proms in der Kölner Lanxess-ArenaEmotionaler Abschied von verstorbenem Stargast John Miles
Die gesamte Lanxess-Arena singt aus tiefster Seele mit. „Music“ natürlich, was auch sonst. Doch die Hymne der beliebten Konzertreihe „Night of the Proms“, die jetzt nach 1000 Tagen erzwungener Auszeit endlich wieder in Köln zu Gast sein kann, ist an diesem Abend besonders berührend. Denn John Miles nicht mehr da, der „Supermann“ der Proms, wie Moderator Marcus Fahn ihn nennt. Seit dem Debüt 1985 war der Brite bei 25 Touren Gesicht und Stimme der Show. Ein Jahr nach seinem Tod hinterlässt er eine Lücke, die selbst die Gaststars des Abends nicht füllen können. Auch wenn sie es mit eindrucksvollen Auftritten zumindest etwas leichter machen.
Funk von Kool & the Gang reißt mit
Mit den ganz großen Namen der Vergangenheit kann die „Night of the Proms“ allerdings diesmal nicht aufwarten. Kein Bryan Ferry, kein Boy George, kein Robin Gibb, um nur einige zu nennen, die in den letzten Jahren gerne mal ihre Hits zum Besten gegeben haben. Dafür ist Publikums-Liebling Amy Macdonald wieder mit dabei, ebenso wie Nik Kershaw („The Riddle“) und Kool & the Gang mit ihrem herrlichen Funk, der das Publikum von den Stühlen reißt. Schon die erste Hälfte des Abends hat es in sich: Zu Beginn der Show sorgt der amerikanische Singer-Songwriter Matt Simons mit einem charismatischen Auftritt samt Ausflug ins Publikum für Stimmung, und kurz darauf zeigt Carol Decker, wie man mit 65 Jahren stimmliche Brillanz und Kraft in Perfektion vereinen kann. Die Sängerin der britischen Popband T’Pau blüht mit dem Antwerp Philharmonic Orchestra im Rücken erst so richtig auf, begeistert mit „Valentine“ und genießt das Zusammenspiel mit Saxofonistin Yolanda Brown, die bei „China In Your Hand“ aus dem Saal zur Bühne schreitet.
Gäste tanzen Walzer in den Gängen
Natürlich kommt auch die populäre Klassik nicht zu kurz. Beim Ungarischen Tanz Nr. 5 von Antonin Dvorak klatscht das Publikum mit, auch wenn es dem energischen Dirigat von Orchesterleiterin Alexandra Arrieche nicht immer präzise folgt; und bei dem Strauss-Walzer „An der schönen blauen Donau“ wiegen sich zahlreiche Paare in den Gängen im Takt. Vor der Pause folgt dann ein emotionaler Moment auf den nächsten. Erst erzählt Yolanda Brown mit Tränen in den Augen vom Tod ihrer Großmutter, die ihr alles beigebracht habe und der sie Bob Marleys „Is This Love“ widmet, dann sendet Marcus Fahn mit einer Regenbogenbinde ein Zeichen in Richtung Katar, und schließlich ehrt „Night of the Proms“ John Miles gleich doppelt: Mit „My Way“, dem von ihm selbst gewählten Abschiedssong, und natürlich mit „Music“, dargeboten von den Backgrund-Trio Michelle Oudeman, Rob de Nijs und Julia van de Ketterij – und von John Miles Junior, der sich anstelle seines Vaters ans Klavier setzt und zur Gitarre greift. Das Publikum ist ergriffen, stimmt ein und verabschiedet sich von einem Musiker, der mit nur einem Song Musikgeschichte geschrieben hat. Und der fehlt, bei dieser „Night of the Proms“ und bei allen, die noch folgen werden.