Bei ihrem jüngsten Besuch in der Ukraine äußert sich Außenministerin Annalena Baerbock über Wladimir Putin. Das sorgt für Wut im Kreml.
„Mache mir Sorgen um ihren Zustand“Moskau reagiert mit wütender Propaganda-Attacke auf Baerbock-Aussage über Putin
Das russische Außenministerium fährt nach dem Besuch von Annalena Baerbock in der Ukraine eine schrille Propaganda-Attacke gegen die deutsche Außenministerin. Bei ihrem Besuch in dem von Russland angegriffenen Land hatte Baerbock dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gezielten Terror gegen die Zivilbevölkerung und die Infrastruktur in der Ukraine sowie mangelnde Verhandlungsbereitschaft vorgeworfen. Zudem kündigte Baerbock die weitere Unterstützung der Ukraine durch den Westen an.
„Unsere Unterstützung ist verwurzelt in der tiefen Überzeugung, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird“, betonte Baerbock in Kiew. Putin spekuliere darauf, „dass uns irgendwann die Luft ausgeht, aber wir haben einen langen Atem“, erklärte die Außenministerin. Die Menschen in der Ukraine könnten dauerhaft auf die Unterstützung aus Deutschland und von weiteren Verbündeten bauen.
Annalena Baerbock sorgt für wütende Reaktion in Moskau
Für besondere Wut in Moskau sorgten jedoch die Aussagen Baerbocks in einem „ZDF“-Interview. „Die halbe Welt arbeitet an nichts anderem, als jeden Tag für den Frieden einzustehen“, hatte die Grünen-Politikerin mit Blick auf eine mögliche Verhandlungslösung für den Krieg in der Ukraine gesagt. „Es braucht dafür aber auch den russischen Präsidenten, der – so traurig wie es ist – alles andere, als bereit ist, zu reden“, führte Baerbock aus. Dies zeigten die jüngsten Übungen russischer Atomstreitkräfte sowie die „Nonstop-Angriffe auf die Infrastruktur“ in der Ukraine.
In Moskau sorgten diese Worte nun für eine wütende Reaktion, da es dem üblichen Narrativ des Kremls widerspricht, das besagt, dass Kremlchef Putin jederzeit verhandlungsbereit sei. Der russische Präsident verkündet seit Kriegsbeginn regelmäßig seine Bereitschaft zu Gesprächen, nennt dafür jedoch als Bedingung stets die „Anerkennung aktueller Realitäten“, was einer Forderung nach einer Kapitulation der Ukraine und der Aufgabe großer Teile der Ostukraine gleichkommt.
Maria Sacharowa greift ganz tief in den russischen Propaganda-Topf
In diese bekannte Kerbe schlug nun auch die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa – und griff bei ihrer schrillen Reaktion auf Baerbocks Worte der Staatsagentur Tass zufolge tief in den russischen Propaganda-Topf. „Wenn das ganz ernst gemeint ist mit ‚Frieden verteidigen‘, dann sind die Thesen im deutschen Außenministerium von künstlicher Intelligenz geschrieben, in die außer Pressemitteilungen der Website des Außenministeriums nichts geladen wurde“, polterte Sacharowa und warf dem Westen im gleichen Atemzug Waffenlieferungen an die Ukraine vor.
Dass Waffenlieferungen für eine Verlängerung des Krieges verantwortlichen seien, gehört ebenfalls zu Russlands beliebtesten Propaganda-Behauptungen. Tatsächlich haben westliche Waffenlieferungen der Ukraine überhaupt erst die Verteidigung gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands ermöglicht.
Moskau bemüht Mythos von Verhandlungslösung in Istanbul
Sacharowa bemühte zudem erneut den Mythos, dass es kurz nach Kriegsbeginn bei Verhandlungen in Istanbul fast eine diplomatische Lösung gegeben habe, die jedoch vom Westen verhindert worden sei. Die Recherchen mehrerer internationaler Medien ergaben in der Vergangenheit jedoch, dass diese Darstellung nicht den Tatsachen entspricht.
Demnach scheiterten die damaligen Verhandlungen, da die Ukraine erforderliche Sicherheitsgarantien westlicher Länder nicht erhalten hatte und zeitgleich die Kriegsverbrechen von Butscha bekannt geworden waren. Sacharowa erwähnte das in ihrer Frontalattacke auf Baerbock, deren geistige Gesundheit die Propagandistin dabei in Zweifel zog, nicht. „Ich mache mir Sorgen um Baerbocks Zustand“, erklärte Sacharowa stattdessen. „Entweder hat sie etwas mit ihrem Gedächtnis oder mit ihrer Logik“, schickte die Außenamtssprecherin weitere Beleidigungen in Richtung Baerbock.
Moskau schickt Beleidigungen in Richtung Annalena Baerbock
Die deutsche Außenministerin hatte bei ihrem Besuch in der Ukraine unterdessen keine Zweifel an dem Motiv gelassen, die sie im Kreml erkannt hat. „Dass nach diesem Winter dieser Terror auf die Infrastruktur weitergeht, zeigt, dass der russische Präsident das Land zerstören will, hier das Leben der Menschen zerstören will“, sagte die Grünen-Politikerin beim Besuch eines der größten Kraftwerke der Ukraine.
Angesichts dessen, dass in der Ukraine nicht genügend Luftabwehr bereitstehe, appelliere sie „an internationale Partner weltweit, dass wir mehr Luftabwehr brauchen, um nicht nur Großstädte zu schützen, sondern gerade auch die Infrastruktur“, sagte Baerbock.
Auf die Frage, was es persönlich für sie bedeute, die Zerstörung zu sehen, antwortete die Bundesaußenministerin: „Solche Orte schmerzen“, da man die „gezielte strategische Absicht der russischen Kriegsführung sieht, ganz gezielt zivile Infrastruktur zu zerstören“. Das normale, friedliche Leben der ganz normalen Menschen in der Ukraine „kann nicht normal weitergehen, selbst wenn mal kein Luftalarm ist, weil die Lebensadern wie die Stromversorgung so gezielt angegriffen werden“.
Russlands Verhandlungsbereitschaft: Angriffe auf Zivilisten und Infrastruktur
Wie die russische Verhandlungsbereitschaft de facto aussieht, zeigte sich derweil erneut am Mittwoch. Die ständigen russischen Angriffe auf Infrastruktur und Zivilisten setzten sich ununterbrochen fort. Die Ukraine meldete Angriffe auf insgesamt 17 Siedlungen. Acht Menschen seien verletzt worden, darunter auch ein Kind, teilte Kiew mit.
Sechs Hochhäuser und sieben Privathäuser seien bei den Luftangriffen beschädigt worden. Die weiteren Ziele der russischen Angriffe seien Mobilfunkmasten, Landwirtschaftsunternehmen und eine Gasleitung gewesen. Angriffe auf militärische Ziele meldete Kiew unterdessen nicht. (mit dpa/afp)