„Wir machen das anders“: Julia Heinen, Vorsitzende der Rundschau-Altenhilfe, und Simone Kropmanns, Präsidentin der KKG, trafen sich zum Gespräch.
Rundschau-Altenhilfe und Kölnische KGSo führen die Frauen an der Spitze
Die Kölnische KG von 1945 und die Rundschau-Altenhilfe DIE GUTE TAT e.V. haben etwas gemeinsam: Seit etwa einem Jahr steht an ihrer Spitze eine Frau. Julia Heinen und Simone Kropmanns trafen sich zum Gespräch.
Rundschau: Die junge Vorsitzende der Altenhilfe, die erste Präsidentin der Kölnischen – wie sind Ihnen die Menschen in Ihrem ersten Jahr begegnet?
Julia Heinen: Manche waren doch sehr überrascht, wenn sie mich gesehen haben. „Das ist die Frau Heinen?“ Eine Frau unter 40, die sich für alte Leute einsetzt, erwarten die Wenigsten. Außerdem habe ich viel aufmunterndes Lob bekommen, so nach dem Motto: „Das machst du aber gut!“ Das ist zwar schön, aber ich habe mich oft gefragt, ob man das bei meinem Schwiegervater auch für nötig gehalten hätte.
Haben Sie das auch erlebt, Frau Kropmanns?
Simone Kropmanns: Ich finde mich da zum Teil wieder, aber ich interpretiere das Lob anders. Denn die Herausforderung bei uns war ja ganz klar: Da ist jetzt eine Frau an der Spitze, schafft sie das überhaupt in diesem nach wie vor von Männern dominierten Karneval? Gerade im Karneval ist das noch einmal extremer als im normalen Business. Die Menschen, die mich loben, wollen mich mit ihrem Lob zu 100 Prozent motivieren und stärken, weil sie an mich und meine Ideen glauben.
Mussten Sie große Widerstände überwinden, um Präsidentin zu werden?
Kropmanns: Es war eben immer die Frage: Kann sie das? Kommt sie bei den Mitgliedern an? Holt sie sie ab? Ist die Kölnische schon bereit für eine Frau an der Spitze? Ich habe tatsächlich in der entscheidenden Vorstandssitzung gefragt: „Würden wir hier immer noch diskutieren, wenn ich Simon hieße?“
Und, kommen Sie bei den Mitgliedern an?
Kropmanns: Manche sind überrascht ob der Geschwindigkeit, mit der mein Team und ich Dinge verändern. Zum Beispiel das Thema Karnevalswagen. Die KKG hat schon lange konstruktive Gespräche mit dem Festkomitee geführt, aber erst jetzt hat sich die Chance ergeben, und wir haben zugepackt – jetzt haben wir zum ersten Mal seit 80 Jahren unseren eigenen Wagen beim Rosenmontagszug.
Frau Heinen, Sie veranstalten zum ersten Mal eine Karnevalssitzung zugunsten der Altenhilfe. Warum steigen Sie da ein?
Heinen: Ganz einfach: Wir müssen an jüngere Spender kommen. Die Altenhilfe gibt es nur durch die Spenden von Leserinnen und Lesern. Die werden nicht jünger, und Zeitungsleser wachsen nicht von allein nach. Das heißt, ich muss anders auf die Altenhilfe aufmerksam machen. In meiner Welt ist Karneval ein guter Ansatz dafür, denn Karneval feiern auch Menschen unter 40.
Frau Kropmanns, haben Sie Tipps an Frau Heinen?
Kropmanns: Ach nein, denn ich mache vieles auch zum ersten Mal in meiner Rolle als Präsidentin. Die Moderation der Damensitzung vergangene Session zum Beispiel. Ich hatte zwar schon durch einige Formate geführt, aber so eine Sitzung ist nochmal eine andere Herausforderung: Jeder soll den Abend genießen, man muss für gute Stimmung sorgen, aber auch dafür, dass alle im Saal respektvoll miteinander umgehen. Das gilt sowohl für das Publikum gegenüber den Künstlern, aber auch für den Umgang der Künstler mit dem Publikum. Ich sag’s, wie es ist: Die Tage vor der Veranstaltung habe ich nicht gut geschlafen.
Heinen: Na, frag‘ mich mal in den Tagen vor dem Konzert in der Philharmonie. Wenn dort das Musikkorps der Bundeswehr zugunsten der Altenhilfe spielt, muss ich auf die Bühne, um den Gästen zu danken. Und jetzt beim zweiten Mal wollte ich auch nicht wieder das Gleiche sagen wie im Jahr davor. Zumal der Satz „Ich bin neu“ schon wegfiel.
Die Moderation der Benefizsitzung zugunsten der Altenhilfe überlassen Sie Walter F. Passmann, dem Senatspräsidenten der Kölnischen.
Heinen: Da bin ich sehr froh, dass er das macht. Ich werde nur ein paar Worte zur Begrüßung sagen und dann im Publikum sitzen. Als Sonne.
Kropmanns: Als Sonne?
Heinen: Ja, überall im Saal verteilt müssen Sonnen sitzen, die strahlen und die Gäste wärmen.
Kropmanns (begeistert): ): Das merk‘ ich mir. Sonne kann ich auch. Bei unserer Fastelovend-Sitzung habe ich das Vergnügen im Saal sitzen zu dürfen und Walter Passmann als Sitzungspräsident zu genießen. Dabei werde ich strahlen wie die Sonne!
Aber Sie müssen beide mehr können als gute Stimmung verbreiten. Es geht darum, ihre Vereine in die Zukunft zu führen. Welche Herausforderungen sehen Sie?
Heinen: Den Satz: „Das haben wir immer schon so gemacht.“ Da muss man sich einfach drüber hinwegsetzen. „Das haben wir immer schon so gemacht“, ist kein Argument dafür, es weiter so zu machen.
Kropmanns: Ja, das stimmt. Es gibt Traditionen, die müssen bleiben. Aber an vielen Stellen kann man Dinge aufbrechen. Und ich glaube, was ich gut kann, ist motivieren, begeistern und mit anpacken.
Heinen: Das ist auch eine Frage, wie man den Begriff „Vorstand“ interpretiert. Ich kann natürlich sagen, ich bin der Vorstand und unter mir ist ein Team, das arbeitet. Oder ich arbeite mit. Wir haben neulich sechseinhalbtausend Gutscheine für die Weihnachtspakete verpackt. Das kann ich die acht Helfer machen lassen. Oder ich packe mit.
Kropmanns: : Ja, ganz genau. Und ich glaube, das macht unsere Generation anders als die früheren. Aus meiner Sicht geht es hier nicht um Frau oder Mann, sondern um die Einstellung: Arbeite ich lieber im Team oder als Einzelkämpfer?
Heinen: Es geht auch ums Thema Macht.
Kropmanns: Oder Führungsstil. So mache ich es im Job auch. Ich sage nicht: „Sie machen jetzt bitte das und Sie das“, sondern wir packen das gemeinsam an!
Heinen: Gemeinsam und auf Augenhöhe – da verändert sich gerade etwas mit unserer Generation.
Eine Führungsposition, und doch ein Ehrenamt …
Kropmanns: Ja! Wir machen das alle ehrenamtlich, der ganze Vorstand. Und es wird immer schwerer, Menschen für das Ehrenamt zu begeistern.
Heinen: Es gibt kein Geld und damit auch wenig Anerkennung. Denn der Wert eines Jobs wird leider nur in Euro gemessen. Ich möchte kein Geld für das, was ich hier tue. Aber dass ich in der Altenhilfe-Aktionszeit trotzdem 35 Stunden in der Woche im Einsatz bin, das sieht keiner.
Kropmanns: Viele sehen nicht, wieviel Arbeit dahintersteckt. Auch dahinter, eine Sonne zu sein.
Zum Abschluss die Frage: Wo wollen Sie hin mit der Kölnischen?
Kropmanns: Als Familiengesellschaft ist es uns besonders wichtig, unseren Mitgliedern und Gästen generationenübergreifend einen bunten Blumenstrauß an Veranstaltungen anbieten zu können, und dies nicht nur in der Session. Wir wollen uns nicht nur in der Karnevalszeit sehen und miteinander feiern, sondern auch über das gesamte Jahr verteilt zusammenkommen. Dabei wollen wir die Traditionen einer Familiengesellschaft bewahren, aber auch offen sein für die aktuellen Themen und Entwicklungen. Die Kölnische ist seit jeher dafür bekannt, eine der innovativsten Gesellschaften der Stadt zu sein.
Und Sie mit der Altenhilfe?
Heinen: Wir sind eigentlich genau da, wo wir sein wollen: in den Köpfen der Menschen in Köln und der Region, wenn es um schnelle und verantwortungsvolle Hilfe beim Thema Altersarmut geht. Wir müssen allerdings zusehen, dass wir dort auch bei kommenden Generation bleiben – sowohl auf Seiten der Spender als auch der Bedürftigen.