„Mit klarem Kopf geht alles besser“, sagt Bernd Pörtener, und er weiß, wovon er spricht: Er war alkoholkrank. Das ist jetzt 33 Jahre her. Heute reist er für das Programm „Stark bleiben - Suchtprävention im Alter“ durch das Land und berichtet von seinen Erfahrungen.
Rundschau-AltenhilfeBis ins hohe Alter einen klaren Kopf behalten
Auf Messen wie dem Vorsorgetag im Kölner Gürzenich zum Beispiel baut Bernd Pörtener den Stand auf, mit dem über die Suchtgefahren im Alter aufklärt. Besucher können sich dort an zwei Tablets selbst testen: Wie gehe ich mit Alkohol um? Und wie mit Tabletten? Die meisten sind erstaunt darüber, was sie dort erfahren: zum Beispiel, dass ältere Menschen Alkohol schlechter vertragen und dass der Verdauungsschnaps überhaupt nicht bei der Verdauung hilft.
Bernd Pörtner war einer der Impulsgeber für das Programm. Denn seit er selbst trocken ist, engagiert er sich in Suchtselbsthilfegruppen. Und stellte vor einigen Jahren fest, dass nicht mehr nur Leute um die 40 kamen. „Da saßen auf einmal Leute im Rentenalter, und ich fragte mich, ‚wie kann das sein?‘.“
Durch viele Gespräche kam er auf eine Spur: „Das waren Menschen mit guten Berufen, die im Ruhestand nichts mehr mit sich anzufangen wussten.“ Sie seien auf einmal nicht mehr gefragt gewesen. „Das ist ein sehr ödes Leben für diese Menschen.“ Das Bier in der Kneipe verspricht in solchen Situation Ablenkung und Geselligkeit.
Ein Mechanismus, den Bernd Pörtener kennt. Auch er suchte in einer Lebenskrise Geselligkeit in Gaststätten. „Daraus ist eine Gewohnheit geworden, und aus der Gewohnheit eine Sucht.“ Seine Frau, mit der er heute noch verheiratet ist, brachte ihn damals zum Entzug: „Sonst hätte ich sie verloren und auch meine Kinder. Das wollte ich nicht. Denn ich habe sie doch alle sehr lieb“.
In der Therapie erkannte er: "Ich kann vieles - nur nicht mit Alkohol umgehen. Aber ich bin auch ohne ein tofter Typ." Heute ist er froh, „nicht mehr benebelt durchs Leben zu laufen“. Und das findet der 73-Jährige auch gerade für ältere Menschen wichtig - bis ins hohe Alter klar denken und Entscheidungen treffen zu können.
Meist sind es die Frauen, so die Erfahrung Pörteners, die ihre Männer in die Selbsthilfegruppe schickten. Manchmal natürlich auch umgekehrt. Bei älteren Suchtkranken sieht er einen großen Vorteil gegenüber den jüngeren: „Sie sind ganz schnell bereit, abstinent zu leben.“ Vielleicht spiele es dabei eine Rolle, dass die verbleibende Lebenszeit überschaubar ist: „Sie denken sich, das bekomme ich jetzt auch noch ohne Alkohol hin.“
Und erleben dann die Belohnung für den Verzicht auf das Suchtmittel: Die Anerkennung in der Familie steigt, die Kinder kommen wieder lieber zu Besuch, die Enkel sehen den Opa mit anderen Augen. Auch die Gesundheit profitiert. Alkohol ist ein Nervengift, das alle Organe angreift und das Immunsystem, „das wissen viele nicht“.
Doch was tun, um überhaupt nicht erst abhängig zu werden? Aktiv bleiben, meint Pörtener. „Ich bin viel in Kirchengemeinden und Seniorenclubs, die Leute sind gesünder, die nehmen noch am Leben teil.“ Rollatoren findet er einen Segen, „die Menschen würde ich ja sonst alle nicht draußen sehen“. Und auch digitale Kommunikation mit den Enkeln zum Beispiel habe ihre Vorteile. „Neugierig bleiben und Neues ausprobieren“, ist sein Rat. Und ansonsten „auf sich aufpassen. Alles, was zu viel ist, ist nicht gut“.
Viele Organisationen bieten Selbsthilfegruppen für Suchtkranke an. Zu den bekanntesten gehören die Anonymen Alkoholiker, Al-Anon, das Blaue Kreuz und der Kreuzbund. Den Kontakt können oft Kirchengemeinden oder auch die Städte und Gemeinden vermitteln.