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Rundschau-AltenhilfeEinstieg in den Bus – Festhalten heißt die oberste Regel

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann steigt mit seinem Rollator in einen Bus ein.

Vorwärts einsteigen und rückwärts aussteigen: Das gilt für Rollatoren und Rollstühle gleichermaßen.

Wie komme ich sicher in Bus oder Bahn? Das fragten viele Anrufer bei der Altenhilfe-Telefonaktion. Hier sind einige Tipps von Mobilitätstrainer Markus Schönbein.

Donnerstag morgen in einem Bus der Linie SB40: Eine Frau mit Stock steigt an der zweiten Tür ein, der Bus fährt an - und die Frau fällt der Länge nach auf den Rücken. Beim Fallen stößt sie sich den Hinterkopf am Haltegriff blutig; der Notarzt kommt und bringt sie ins Krankenhaus. „Ich muss doch nur eine Haltestelle fahren“, wiederholt sie immer wieder.

Wie hätte der Unfall verhindert werden können? Markus Schönbein macht seit 13 Jahren Mobilitätstraining bei den Kölner Verkehrsbetrieben. Zu dem Fall befragt, nennt er als oberste Regel:„ Ich steige ein und halte mich fest.“ Alte Leute sollten sich am Besten immer sofort setzen. Wenn aber die Zeit nicht reiche, bis der Bus oder auch die Bahn anfahren, dann besser: festhalten. Und zwar mit beiden Händen. Der Stock kann dabei an die Stange gelegt und mit festgehalten werden.

Altenhilfe: Markus Schönbein, KVB, macht Einstiegstrainings in Bus und Bahn.

Markus Schönbein von der KVB zeigt Rollstuhlfahrern, wie sie in den Bus kommen.

Schönbein übt mit Senioren und behinderten Menschen das Einsteigen in die Bahn und in den Bus. Seiner Erfahrung nach „unterschätzen viele die Kraft des Fahrzeuges und überschätzen ihre eigenen Kräfte“. Der Busfahrer habe normalerweise keine Schuld, auch ein Bus sei nicht per se gefährlich. „Es passiert nichts, wenn ich mich gut festhalte.“

Beim nächsten Halt ist dann Zeit, zum Sitzplatz zu gehen oder jemanden zu bitten, seinen Platz freizumachen. Kommunikation mit den anderen Fahrgästen ist wichtig, meint Markus Schönbein. „Aber viele haben leider Scheu davor, sich helfen zu lassen. “Auch Kommunikation mit dem Fahrer sei sinnvoll. Bei seinem Training bringt er den Teilnehmern bei, wo sie an der Haltestelle stehen müssen, damit der Fahrer sie gut sehen kann. Bei der Bahn ist das die erste und zweite Tür hinter dem Fahrer. Die erste Tür kann dieser etwas länger geöffnet lassen, damit mehr Zeit zum Einsteigen ist.

Sinnvoll ist es auch, den Fahrer schon beim Heranfahren mit einem Handzeichen auf sich aufmerksam zu machen. Dann weiß der: Es steigt jemand mit Stock oder Rollator ein, der etwas länger braucht.

Für Menschen im Rollstuhl und deren Begleiter ist das Handzeichen noch wichtiger: Der Busfahrer muss den Bus zum Bordstein hin absenken und die Rampe herausklappen. Bei Rollstuhl und Rollator gleichermaßen gilt: Einsteigen nur an der zweiten Tür, und zwar vorwärts. Raus geht es dann rückwärts.

Ein weiterer Rat des Mobilitätstrainers an ältere Menschen: Niemals im Bus oder in der Bahn das Ticket kaufen. Bei der KVB gibt es selbst im Bus das Ticket nur noch am Automaten. Während man dort aufs Display tippt oder zahlt, ist die Sturzgefahr groß - schließlich kann man sich nicht mit beiden Händen festhalten. Auch der Weg zum Fahrer, wenn der noch verkauft, ist gefährlich. Besser ist es, die Fahrkarte schon vorher am Verkaufsschalter oder am Automaten zu besorgen.

„Oder sie lassen sich von den Kindern die App des Verkehrsunternehmens auf dem Smartphone installieren“, rät Schönbein. Auch wenn viele damit zunächst nichts anzufangen wüssten: „Wenn sie das zwei oder drei Mal gemacht haben, brauchen sie nie mehr irgendwo anders ein Ticket kaufen.“

Beim Einsteigen mit dem Rollator gilt: Bremsen anziehen, den Rollator hoch in den Bus heben, hinterhersteigen, dann Bremse lösen. Und dann sich möglichst sofort auf einen Sitzplatz setzen, den Rollator zusammenklappen und festhalten oder seine Bremse feststellen. „Aber sich nie auf den Rollator setzen“, sagt Schönbein. Wenn die Bahn oder der Bus plötzlich bremsen, kippen die Rollatoren um. Auch hier unterschätzen die Menschen die Kraft, die dann wirkt.

Die Leute unterschätzen die Kraft des Busses und sie unterschätzen ihre eigene Kraft.
Markus Schönbein, Mobilitätstrainer KVB

Leider hörten die Leute meist erst dann auf die Ratschläge, wenn sie einmal gestürzt sind. So wie die Frau im SB 40. „Die hält sich jetzt immer sofort fest“, meint der Mobilitätstrainer, „wenn sie überhaupt nochmal Bus fährt“. In seinen Kursen hat er auch schon Opfer solcher Unfälle gehabt, die schwer traumatisiert waren. „Aber der Bus ist nicht gefährlich.“ Man muss ihn nur zu nehmen wissen.

Markus Schönbein macht seit 13 Jahren Mobilitätstraining bei den Kölner Verkehrsbetrieben. Das Training gibt es für den Einstieg in den Bus und für den Einstieg in die Straßenbahn. Informationen und Anmeldung unter markus.schoenbein@kvb-koeln.de

Die Kölner Polizei macht Rollatortraining in Seniorenheimen. Dabei werden unterschiedliche Untergründe ausgelegt, auf denen die Senioren in Ruhe den Rollator ausprobieren können. Nicole Sutschet von der Präventionsabteilung möchte im Jahr 2024 solche Sicherheitstrainings gemeinsam mit Markus Schönbein von der KVB anbieten, denn „die Leute sagen immer, sie würden auch so gerne das Einsteigen in den Bus üben“.

In Gummersbach hat die Polizei schon im Oktober das erste Rollatortraining in Zusammenarbeit mit dem Verkehrsunternehmen OVAG angeboten. Informationen bei der Seniorenberatung der Stadt Gummersbach unter Tel. 02261/871547.

In Bonn und Umgebung bietet die Verkehrswacht Bonn Gruppentrainings mit Rollatoren an. Im Mittelpunkt der Veranstaltungen stehen die sichere Teilnahme am Straßenverkehr und die Erhaltung der Mobilität. Termine können erfragt werden unter Tel. 02641/906 1234.