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„Das war eine Nazi-Rede“„Remigration“, Russland, radikale Töne – Weidels Worte sorgen für Entsetzen

Lesezeit 4 Minuten
AfD-Chefin Alice Weidel bei ihrer Rede beim Parteitag in Riesa.

AfD-Chefin Alice Weidel bei ihrer Rede beim Parteitag in Riesa.

Alice Weidel wird einstimmig zur Kanzlerkandidatin gekürt und biedert sich radikalen Kräften an.

Erst absurde Bemerkungen über Adolf Hitler im Gespräch mit Tech-Milliardär Elon Musk, nun radikale Worte beim AfD-Parteitag. Alice Weidel hat sich auch bei ihrem Auftritt im sächsischen Riesa weiter rechtsextremen Kräften angebiedert.

Mit schrillen Tönen ätzte Weidel in Riesa gegen „queer-woken Wahnsinn“ und kündigte an, alle Windräder, die sie als „Windmühlen der Schande“ bezeichnete, niederreißen und die Nordstream-Pipeline und somit den Gas-Handel mit Moskau wiederaufnehmen zu wollen.

Alice Weidel schießt in Riesa gegen Nordrhein-Westfalen

Nordrhein-Westfalen widmete sich Weidel ebenfalls. Dort mache Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die Universitäten zu „queer-woken Kaderschulen“, behauptete die AfD-Chefin und drohte: „Wir schließen alle Gender Studies und schmeißen diese Professoren raus.“

Auch zur „Remigration“ bekannte sich Weidel nun. Sollte die AfD an die Macht kommen, werde sie die deutschen Grenzen „dicht“ machen und „Rückführungen in großem Stil“ organisieren, kündigte Weidel an. „Wenn es dann Remigration heißen soll, dann heißt es eben Remigration“, sagte Weidel unter dem Jubel der Delegierten, die daraufhin mit großer Mehrheit dafür stimmten, die Forderung nach „Remigration“ im Wahlprogramm zu verankern.

AfD-Chefin will „Remigration“ – Jubel bei Rechtsextremen

Bisher hatte die Parteichefin den Begriff stets vermieden, nach Berichten über ein Treffen von Rechtsextremen mit AfD- und CDU-Politikern vor einem Jahr in Potsdam war es zu wochenlangen Massendemonstrationen gegen die AfD gekommen. Zurück gingen die damals besprochenen Pläne auf den österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner, dem noch weitergehende „Remigration“ vorschwebt, als sie nun im AfD-Wahlprogramm verankert wurde.

„Dies war ein guter Tag“, schrieb Sellner nach Weidels Rede und freute sich über eine Entscheidung für die „Seele der Partei“. Auch Tino Chrupalla zeigte sich begeistert: „Es war eine brennende Rede von ihr, die Leute waren begeistert“, freute sich der Co-AfD-Parteichef über Weidels radikale Töne.

Elon Musk streamt AfD-Parteitag – Alice Weidel dankt Milliardär

Elon Musk unterstützte Weidel aus der Ferne unterdessen erneut. Der Milliardär und Sonderberater des designierten US-Präsidenten Donald Trump, der seit Wochen rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien in Europa bewirbt, streamte den Parteitag auf seinem X-Profil live. „Ich möchte mich bei Elon Musk bedanken“, freute sich Weidel, die nach ihrem öffentlichen Talk mit dem Milliardär harte Kritik bekommen hatte, insbesondere für die absurde Behauptung, Hitler sei „Kommunist“ gewesen.

Auch Weidels Auftritt am Samstag führte erneut zu scharfen Reaktionen.„‚Alle Windräder niederreißen‘ heißt Kapitalstock-Vernichtung und Enteignung durch die Politik“, kommentierte der ehemalige Justizminister Marco Buschmann (FDP) Weidels Aussagen. „Mit Marktwirtschaft und Eigentum kann die AfD offenbar nicht viel anfangen.“

Politikwissenschaftler: „Radikalisiert, rassistisch, konzeptionslos“

CDU-Chef Friedrich Merz, dessen Partei von Weidel am Samstag als „Betrügerpartei“ bezeichnet wurde, hatte bereits vor dem Parteitag in Riesa scharfe Kritik an der AfD geäußert. „Wir arbeiten nicht mit einer Partei zusammen, die ausländerfeindlich ist, die antisemitisch ist, die Rechtsradikale in ihren Reihen, die Kriminelle in ihren Reihen hält – eine Partei, die mit Russland liebäugelt und aus der Nato und aus der Europäischen Union austreten will“, erklärte Merz.

Bei Politik-Experten fielen die Reaktionen auf Weidels Worte unterdessen noch schärfer aus. Der Politikwissenschaftler Bruno Heidlberger sprach bei X von einer „rechtsextremistischen Hassrede“ Weidels. Auch Andreas Püttmann, ebenfalls Politikwissenschaftler, kategorisierte den Auftritt der AfD-Chefin bei X als „Hassrede“ und zeigte sich auch vom Auftreten Weidels entsetzt. „Die Mimik, schon ganz ohne Ton, sagt viel über diese Person“, schrieb Püttmann.

Nordstream: Alice Weidel sorgt für Freude in Russland

Johannes Varwick, Politik-Professor an der Uni Halle, fand ebenfalls deutliche Worte. „Radikalisiert, rassistisch, konzeptionslos und keine Alternative für irgendwas“, schrieb Varwick über Weidel, die „seltsam stocksteif und mit einer unsympathischen Rhetorik“ aufgetreten sei. „Wer die wählt, wählt den Abstieg“, so der Politikwissenschaftler. „Die Rede, die Alice Weidel da heute gehalten hat, war eine Nazi-Rede“, befand unterdessen Markus Decker, Hauptstadt-Korrespondent des Redaktionsnetzwerks Deutschland, bei Bluesky.

Weidel blieb unterdessen auch am Sonntag auf ihrem radikalen Kurs. „Flutet die Wahlurnen“, schrieb sie bei X an die AfD-Anhänger gerichtet. „Lasst uns die CDU, diese Betrügerpartei, überholen.“ Gleichzeitig verkündeten russische Nachrichtenagenturen, dass Weidel plane, den Gas-Handel durch die Nordstream-Pipeline wiederaufzunehmen.

Auch über Musks neuerliche Unterstützung für die AfD freut man sich in Moskau bereits. „Das ist natürlich ein Schlag für das deutsche politische System“, kommentierte Senator Alexei Puschkow der staatlichen Nachrichtenagentur Ria zufolge Musks Unterstützung für die AfD – und teilte im Weidel-Sound ebenfalls gegen die CDU aus, die lediglich eine „lokale Pseudo-Opposition“ sei. (mit dpa/afp)