2,5 Millionen Euro investiertSo will das Burscheider Gut Landscheid neu durchstarten
Burscheid – Auf der etwas holprigen Zufahrt werden Anreisende über Schilder ermuntert, durchzuhalten. Wahrscheinlich wähnte sich zuvor schon manch einer auf dem falschen Weg und ist wieder umgedreht, bevor er das idyllisch auf einer Waldhöhe gelegene Gut Landscheid erreicht hat.
Und auch vor Ort wird man neuerdings von einem Wegweiser begrüßt, der klarmacht: Das historische ehemalige Rittergut ist mittlerweile deutlich mehr als ein Restaurant mit Gästezimmern. Neben dem Stammhaus mit Anbau mit Restaurant, Tagungsräumen und Hotelzimmern gibt es mittlerweile die rustikal ausgebaute Festscheune mit zugehöriger großzügiger Terrasse, im ehemals bewohnten Herrenhaus sind sieben neue Hotelzimmer entstanden, unweit des Golfplatzes grasen Alpakas.
„Das alles wäre auch passiert, wenn nichts passiert wäre“, sagt Eigentümer Kurt Lammert. Der Ausbau folge einem lange gehegten Plan, und den habe er durchgezogen, auch wenn sehr wohl viel passiert ist. Zuerst die Corona-Pandemie mit ihren diversen Lockdowns in der Gastronomie und dem stillgelegten Tagungsbetrieb.
Glücklich über Elementarversicherung
„Dann lief es gerade wieder, und dann kam das Hochwasser“, klagt Lammert. Zum Glück bestand eine gute Elementarversicherung. „Ohne die wäre das Gut nicht zu retten gewesen“, sagt Prokurist Ali Sevinmez. Eine Million Euro zahlte die Versicherung für die Wiederherstellung, weitere 1,5 Millionen Euro investierte Lammert in den Ausbau, zu dem auch Elektro-Ladestationen für Autos und Fahrräder und die noch laufende Restaurierung des Weinkellers zählen.
Doch die Probleme reißen nicht ab: Im Sommer konnte die Scheune nicht wie gewünscht geöffnet werden, auch das Restaurant musste Öffnungszeiten einschränken und Betriebsferien machen: Es fehlte am Personal. „Wir haben versucht, unser Personal über die schwierigen Zeiten zu halten, haben das Kurzarbeitergeld aufgestockt und andere Beschäftigungen gesucht“, sagt Lammert.
So habe sich der „große Meister“, Restaurantchef Martin Proll, sogar als fähiger Schreiner erwiesen. Dennoch hätten einige Mitarbeiter andere Angebote wahrgenommen. „Die ersten von denen stehen schon wieder vor der Tür und fragen, ob sie wieder anfangen können“, sagt Lammert, der da aber knallhart ist: „Wer in schlechten Zeiten geht, braucht nicht in guten Zeiten wiederzukommen.“
Und die guten Zeiten, die sind jetzt, ist er überzeugt. Die Eventabende sind regelmäßig ausgebucht, viele Firmen nutzen die Tagungsräume inklusive der nun 25 Übernachtungszimmer. Hochzeiten, Geburtstage und Taufen machen einen guten Teil des Geschäfts aus. „Daher sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir den Restaurantbetrieb nicht mehr rund um die Uhr brauchen“, sagt Lammert. Das Restaurant „19Null1“ hat daher ab sofort nur noch sonntags ab dem Mittag geöffnet, von Dienstag bis Samstag erst zum Abendessen.
Gut Landscheid setzt auf Ausflügler und Familien
Dafür gibt es jetzt eine kleine Mittagskarte, Kaffee und Kuchen in der Scheune, die von Anja Finelli geleitet wird. Personalmangel sei nicht der ausschlaggebende Grund gewesen, betont Lammert, vielmehr wolle er das Restaurant tagsüber für die Gäste von Tagungen und Tagesklinik frei halten und die Scheune so mehr in den Fokus rücken.
Neben den Stammkunden setzen die Unternehmer hier vor allem auf Ausflügler und Familien, die das lockere Ambiente zu schätzen wissen. Auf Kinder will Lammert in Zukunft noch stärker abzielen: Wo bisher die Alpakas beheimatet sind, soll künftig ein „Phantasialand ohne Geräte“ entstehen. Ein Naturerlebnis für Kinder, die „bald nicht mehr wissen, wie eine echte Kuh aussieht“, sagt Lammert. Aber das sei noch Zukunftsmusik.
Teure Martinsgans
Sehr real sind dagegen auch hier die gestiegenen Preise für Energie und Lebensmittel. An der Qualität aber will Lammert deswegen nicht rühren. „Wir werden uns nicht scheuen, die Gans auch zu den Astronomiepreisen zu verkaufen, die aktuell auf dem Markt verlangt werden.“ Das Martinsgans-Essen am 11. November wird aktuell mit 239 Euro pro ganze Gans inklusive Beilagen und einer Flasche Wein beworben. „Aber ich verkaufe lieber nur zehn regionale Gänse als 100 aus Polen.“ Wer sich das nicht leisten kann oder will, ist in der Scheune besser aufgehoben: Hier gibt es etwa Zwiebelkuchen mit Federweißer für 7,90 Euro.