Festival Via Theatro lockt trotz Regen hunderte Besucher an evangelische Johanneskirche und Stadthalle
StraßentheaterArtisten trotzen in Troisdorf Wetter und Schwerkraft
Fliegende Messer, ein starrsinniger Babyelefant, ein Hochradfahrer mit fragwürdigem Gleichgewichtssinn, all das reichte eigentlich, um die Spannung zum Straßentheater Festival „Via Theatro“ in ungeahnte Höhen zu treiben. Doch dazu kam das Wetter und die bange Frage, ob es beim Programm bleiben würde. Vor allem auf dem vielversprechenden stählernen Rundbogen, der mit Seilen, Netzen und Trapez am Samstag vor der Stadthalle in die Höhe ragte.
Nervenkitzel vor der Troisdorfer Stadthalle
Doch der Regen setzte am späteren Abend endlich aus, und in ihren weißen Trikots setzten sich die Trapez-Artisten von „Omnivolant“ mit ihren atemberaubenden Sprüngen und Drehungen effektvoll vor dem dunkelblauen Himmel ab. „Gravity is a Mistake“, „Schwerkraft ist ein Fehler“, ist der Titel der Show, die vor allem vom atemberaubenden Timing lebt. Stets wurde im richtigen Moment ein Fußknöchel oder eine Hand gepackt, um den Sturz in die Tiefe zu verhindern.
Einmal mehr moderierte Gaukler Kammann das Festival, der vor Omnivolant seiner Frau und seinen Kindern als „Kalumalu Hepajo“ noch im Nieselregen aufgetreten war. Die Familie absolvierte tapfer wie unterhaltsam und charmant eine klassische Zirkusshow mit Jonglage und Hula-Hup-Reifen und freute sich, dass das rund 300-köpfige Publikum den Spaß nicht durch den Regen verderben ließ. Kammann demonstrierte immer wieder vermeintliches Nichtkönnen, taumelte auf seinem Hochrad unsicher Richtung Publikum oder jonglierte mit brennenden Kegeln.
Bizarr wurde es mit „Paspartout“: Zweidrittel des Trios steckten in einem Kostüm, als ziemlich eigenwilliger Babyelefant Rudi, der starrsinnig die Bemühen seines Dompteurs ignorierte, ihn zu irgendwelchen Tricks zu bewegen.
Skurrile Komik beim Straßentheater in Troisdorf
Bei aller skurrilen Komik lebte der Auftritt von dem frappierend realistisch gestalteten Elefanten und seinen lebensechten Bewegungen. Die Geräusche, die aus dem Tier drangen, klangen allerdings verdächtig nach einer Trompete.
Schräger Humor war auch nur oberflächlich das Motto für die Company Midnight, die den Abschluss des Abends bestritt: Dazu baten Simone Scaini und Joris Verbeeren in eine ziemlich chaotische Messerwerkstatt, an deren Decke ein Gewirr aus Messern, Eimern, Flaschen und anderen Utensilien befestigt war, die die beiden auf Knopfdruck herunter fallen lassen konnten. Meist war dann eine Hand oder ein Bein nicht mehr im Weg, manchmal fing einer der beiden ein fallendes Messer im Flug ab.
Den Auftakt hatte am Freitag vor der Johanneskirche Anna Krazy bestritten, mit einer vergleichsweise entspannten Show: Sie ließ Zuschauer lange farbige Stoffbände halten, so dass sie eine Art Spinnennetz bildeten, durch das sie geschmeidig hindurchtanzte und ihre gelenkigen Gliedmaßen zu unglaublichen Figuren bog, etwa wenn sie stehend einen Fuß über den Kopf streckte.
Angst und ihre Überwindung war das große Thema einer Akrobatin von Omnivalent, die sich einem Vertikal- und Schwungseil und kunstvollen Knoten anvertraute und in acht Metern Höhe philosophierte, über die Angst vor dem Fremden, vor sich selbst vor dem Tod oder vor dem Leben. Damit kenne sie sich aus. Schließlich gehe es für sie auch um die Angst, um das Seil loszulassen - und den nächsten Trick anzugehen.
Auch den manischen Messerfan Verbeeren lernte das Publikum schon am Freitag kennen, da noch als Teil des Duos „Sitting Duck“, das die Bar "Chiringuito Paradise“ eröffnete. Auch diese erwies sich als wohldurchdachter Bühnenbau mit fantastischen Möglichkeiten, um mit Flaschen, Gläsern, Blumentöpfern und sogar Barhockern zu jonglieren. Da sich der charmante Oberkellner und sein etwas tollpatschiger Kollege allerdings heftig in die Wolle kriegten, blieben von dem guten Stück am Ende nur traurige Trümmer - und den Zeugen der Verwüstung ein arg strapaziertes Zwerchfell.