- Birger Verstraete versetzt den FC in Aufregung
- Zweiter Corona-Test vorgezogen
- Quarantäne vor dem Liga-Start
Köln – Mit dem Corona-Virus in Verbindung gebracht zu werden, ob als infizierte Person oder als betroffene Institution, kann einen ins Abseits manövrieren. Zum Stigma droht solch eine Lage zu werden, wenn Vorwürfe aus den eigenen Reihen erhoben werden. So geschehen beim 1. FC Köln. Erst wurden durch die flächendeckenden Corona-Tests am letzten Freitag zwei Spieler und ein Physiotherapeut als mit dem Virus infiziert festgestellt und unter häusliche Quarantäne gestellt. Dann bezeichnete Mittelfeldspieler Birger Verstraete die Tatsache, dass die übrige Mannschaft dem Training weiter nachgehen könne, als „ein bisschen bizarr“.
All das brachte das Ansehen des Vereins in ein unschönes Ansehen. Zumal man sich stets bemüht hatte, auf die besondere Einhaltung des Hygiene- und Infektionsschutz-Konzept der Deutschen Fußball Liga (DFL), deren Präsidiumsmitglied FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle ist, hinzuweisen.Deshalb gab man am Sonntag bekannt, dass man früher als von der DFL geplant, die Mannschaft in ein quarantäneähnliches Trainingslager zurückziehen werde. Das DFL-Konzept sieht dies für sieben Tage vor der Liga-Fortsetzung vor. Sollte die am Mittwoch von der Politik beschlossen werden, würde der FC sofort ein abgeschirmtes Mannschaftsquartier beziehen. Geplant ist dies in der Sportschule des Fußballverbands Mittelrhein in Hennef.
Ansteckungsgefahr im öffentlichen Leben größer
Dahinter steckt die Überlegung, dass die Spieler sich weniger untereinander als vielmehr im öffentlichen Leben mit dem Corona-Virus infizieren können. Deshalb will man sie isolieren. „Gerade zum Bundesligastart möchten wir sichergehen, dass unsere Mannschaft sich nicht im Alltag anstecken kann und dass alle sich an die neue Situation gewöhnen können“, begründete Sportchef Horst Heldt.
Gesundheitsamt entscheidet
Gegen den Vorwurf einer Sonderregelung zugunsten des Fußballs im Falle von positiven Corona-Tests hat sich Dr. Paul Klein gewandt. Der Mannschaftsarzt des 1. FC Köln ist Hygienebeauftragter des Clubs im Zuge der Pandemie-Bekämpfung. „Es stimmt nicht, dass bei einem vergleichbaren Fall in einer anderen Branche per se alle in Quarantäne müssen. Es gibt eindeutige Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zum Umgang mit Kontaktpersonen von Infizierten“, sagte der Mediziner der Media-Park-Klinik.
Die häusliche Quarantäne sei nur für Personen der Kategorie 1 vorgesehen. Auf wen dies zutreffe, bestimme in diesem Fall das Kölner Gesundheitsamt. Auf Anfrage, warum nicht die gesamte Mannschaft und alle Betreuer des 1. FC Köln in häusliche Quarantäne geschickt würden, hieß es am Sonntag seitens der Stadt Köln: „Die infektionshygienischen Ermittlungen haben keine Kontaktpersonen der Kategorie 1 ergeben.
Kein längerer Kontakt von mehr als 15 Minuten
Der 1. FC Köln trainiert nach einem mit dem Gesundheitsamt der Stadt abgestimmten Konzept, wonach die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts im Spielbetrieb umgesetzt werden. Hierzu gehören die Einhaltung von zwei Meter Abstand und kein längerer Kontakt von mehr als 15 Minuten. Im Weiteren sind die Hygieneregeln einzuhalten.
Die beiden positiv getesteten Spieler und der Physiotherapeut sind in eine 14-tägige Quarantäne versetzt worden. Die übrigen Spieler sind aufgrund des umgesetzten Hygienekonzeptes lediglich als Kontaktpersonen 2. und 3. Grades einzustufen. Die Mannschaft und die Personen, die unmittelbar mit den Spielern arbeiten, werden eng getaktet durch einen hygienebeauftragten Arzt getestet.“ (JoS)
Mit dieser und weiteren Meinungen, die er im belgischen Fernsehsender „VTM“ äußerte, und die in der Zeitung „Het Laatste Nieuws“ wiedergegeben wurden, sorgte der Flame für helle Aufregung bei seinem Arbeitgeber und im Umfeld des 1. FC Köln.
„Ich möchte, dass alle gesund sind, bevor wir wieder Fußball spielen“
Zunächst einmal bestätigte er, dass die Infizierten „nicht einmal Husten“ gehabt hätten. Dann verriet er, dass er von dem Physiotherapeuten noch in der Vorwoche behandelt worden sei. Auch zu einem der beiden betroffenen Spieler habe er einen gewissen Kontakt gehabt. Man habe sich am Donnerstag vor dem Corona-Test gemeinsam im Kraftraum aufgehalten. Ob der Abstand dabei die geforderten zwei Meter betragen habe, sagte er nicht.
„Ich möchte, dass alle gesund sind, bevor wir wieder Fußball spielen“, forderte Birger Verstraete im Fernsehen, um dann mitzuteilen, dass seine Freundin Zoé Timmermans als Herzpatientin zur Risiko-Gruppe gehöre: „Die Gesundheit meiner Familie, meiner Freundin und aller ist von größter Bedeutung.“ Am Sonntag ließ der 26-Jährige durch den Verein mitteilen, dass seine Lebensgefährtin zwischenzeitlich heim nach Belgien gereist sei und vorerst dort bleiben werde.
Viele Profis hätten Angst vor einer Ansteckung
Noch schweres Geschütz fuhr Birger Verstraete, der im letzten Sommer von KAA Gent für rund vier Millionen Euro zum FC gewechselt, dort zunächst Stammkraft, dann nach einer Verletzung aber nur noch zwischen Ersatzbank und Tribünenplatz gewechselt war, mit einer anderen Aussage auf: „Wenn jeder Spieler anonym entscheiden könnte, ob wir weiter Fußball spielen, wäre ich gespannt, wie die Abstimmung ausgehen würde.“ Damit implizierte er, dass viele Bundesliga-Profis so wie er Angst vor einer Ansteckung hätten und gegen eine Aufnahme des Spielbetriebs seien.
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„Ich glaube, dass sich das Virus verbreitet hat. Ich denke, es wäre naiv von mir und anderen zu sagen, dass der Fußball so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden sollte. Das Virus zeigt einmal mehr, dass man es ernst nehmen muss. Es liegt nicht an mir, zu entscheiden, ob die Bundesliga fortgesetzt werden soll. Aber ich kann sagen, dass mein Kopf nicht beim Fußball ist“, erklärte der Belgier.
FC veröffentlicht Stellungnahme des Spielers
Am Sonntag revidierte Birger Verstraete nach einem Gespräch mit Horst Heldt, Alexander Wehrle, Lizenzspielerchef Frank Aehlig sowie dem Mannschaftsarzt und Hygienebeauftragten Dr. Paul Klein seine Aussagen. Danach veröffentlichte der FC eine Stellungnahme des Spielers. Demnach habe er sich in dem Fernseh-Interview „an einigen Stellen falsch ausgedrückt, so dass in der Übersetzung ein missverständlicher Eindruck entstanden ist, der mir leid tut“. Ein des Flämischen mächtiger ARD-Journalist bestätigte allerdings die korrekte Übersetzung.
Birger Verstraete gestand ein, dass er „statt aus der Emotion heraus ein Interview zu geben“ besser den Kontakt zu Dr. Paul Klein gesucht hätte, um sich Fragen beantworten zu lassen.
Fortsetzung des Trainings sei keine Entscheidung des Clubs
Dafür hätte er nicht einmal anrufen müssen, sondern nur am Samstagmittag auf die Internetseite seines Arbeitgebers schauen müssen. Dort hatte der Mannschaftsarzt vordringliche Fragen rund um die positiven Corona-Tests beantwortet und vor allem darauf hingewiesen, dass die Fortsetzung des Trainings nicht auf einer eigenmächtigen Entscheidung des Clubs beruhe, sondern vom Gesundheitsamt der Stadt Köln genehmigt worden sei.Der Mediziner verwies auch darauf, dass es angesichts von mehr als 1000 am Donnerstag bei den Bundesligisten durchgeführten Corona-Tests statistisch gesehen „sehr, sehr unwahrscheinlich gewesen sei, dass niemand positiv getestet wird“.
Für Birger Verstraete ergab sich aus diesen Antworten, die ihm im Gespräch am Sonntag nochmals persönlich gegeben wurden, die Feststellung: „Ich fühle mich beim FC wohl und gut aufgehoben. Ich werde weiter im Training und im Spiel beim FC alles geben und möchte die Saison in Köln zu Ende spielen.“
Wie Birger Verstraete mussten im weiteren Verlauf des Sonntags auch noch alle anderen zuvor negativ getesteten Spieler, Trainer, Betreuer und Mitarbeiter aus dem Umfeld der Mannschaft, rund 60 Personen, ans Geißbockheim kommen. Dort unterzogen sich alle einem zweiten Corona-Test. Der war ursprünglich für den Montag angesetzt worden. Aufgrund der drei positiven Fälle wurde er um einen Tag vorgezogen. So weiß man bereits am Montagvormittag, ob es weitere Corona-Erkrankungen beim 1. FC Köln gibt. Nur wer beide Male negativ getestet wurde, darf am Training am Nachmittag teilnehmen.