AboAbonnieren

1. FC KölnFrauenfußball erwacht beim FC aus dem Dornröschenschlaf

Lesezeit 6 Minuten
Neuer Inhalt

Gute Stimmung: Die FC-Fußballerinnen freuen sich über einen Treffer von Eunice Beckmann (2.v.l.) und die positive Entwicklung der Abteilung.

Köln – „Es geht stetig nach oben, anfänglich in kleineren, jetzt in größeren Schritten.“ Nicole Bender, sportliche Leiterin bei den Bundesliga-Fußballerinnen des 1. FC Köln, freut sich über die aktuelle Entwicklung des Frauenfußballs am Geißbockheim. Sie sieht das als Anfang und noch viel Potenzial: „Die Vision ist, irgendwann auch die ersten drei Plätze anzugreifen und die Qualifikation für die Champions League zu schaffen.“

Die Vision wird Wirklichkeit

Eine Vision, die noch vor zwei, drei Jahren belächelt worden wäre, die mittlerweile jedoch realistische Züge trägt. Insbesondere seit Sommer 2019 zeigt die Entwicklung nach oben. Der dritte Bundesliga-Aufstieg innerhalb von vier Jahren wirkte wie ein Weckruf. Die Verantwortlichen am Geißbockheim warfen endlich ein Auge auf den Frauenfußball. Das Image der Fahrstuhl-Mannschaft, die zu schwach für die Erste und zu stark für die Zweite Liga war, wurde als Problem offen angesprochen, schädigte diese Image doch das Ansehen des Clubs.

Neuer Inhalt

Nicole Bender

Zudem entpuppte sich Stefan Müller-Römer in seiner Amtszeit als Interims-Präsident als Unterstützer des Frauenfußballs. Der jetzt wieder Vorsitzende des Mitgliederrats engagierte sich für die Interessen der Abteilung und konnte mit Nicole Bender auch bei FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle noch mehr Unterstützung generieren. Der 45-Jährige, der die Finanzen des Clubs verwaltet, war auch immer wieder bei Heimspielen der FC-Frauen live vor Ort. „Die Zusammenarbeit läuft auf allen Ebenen sehr gut. Um viel Geld geht es im Frauenfußball wirklich nicht, gerade wenn man es mit dem Männerfußball vergleicht. Diese Chance sollten wir nutzen, um Anschluss nach oben zu finden“, erklärte Müller-Römer.

Mit höherem Etat in der Bundesliga etabliert

Nicole Bender, Wehrle und Müller-Römer sorgten so dafür, dass nach dem Wiederaufstieg der Etat erhöht wurde, damit sich das Frauenteam in der Bundesliga etablieren kann. Der Club verpflichtete gestandene Erstligaspielerinnen wie Eunice Beckmann und Rachel Rinast. Im weiteren Saisonverlauf wurden die Strukturen weiter professionalisiert. Dazu gehörte auch, dass Trainer-Urgestein Willi Breuer vorzeitig in den Ruhestand verabschiedet wurde. Im Januar übernahm Sascha Glass als neuer Coach. Der 47-Jährige kam vom Liga-Konkurrenten SC Sand und arbeitet fortan als der erste hauptamtliche Übungsleiter bei den FC-Frauen.

Vorgänger Breuer, seit 2012 und mit nur einer kurzen Unterbrechung bis 2015 als Trainer in Köln tätig, übte diese Tätigkeit nicht in Vollzeit aus. Seit Februar 2020 arbeitet auch Nicole Bender, die nach ihrem Karriereende 2017 zunächst als Teammanagerin im Nebenberuf startete, hauptamtlich für den FC. „Bis zu einem gewissen Grad konnte ich das neben meinem Hauptjob machen, aber es wurde immer zeitintensiver“, freut sie sich über die „Beförderung“.

Bender und Glass sind zweifellos die Gesichter des Aufschwungs bei den FC-Frauen. Bender arbeitet im Hintergrund unermüdlich, pflegt auch den Kontakt zum Hauptsponsor Schaebens (siehe nächste Seite), ohne den vieles beim FC vermutlich nicht möglich wäre. Im Herbst 2018 wurde Bender zudem in den Mitgliederrat des FC gewählt. „Es ist toll, dass das funktioniert hat“, blickt Bender zurück, „es wird mir erst im Nachhinein richtig klar, wie gut dieser Schritt war.“ Im Mitgliederrat kann die 37-jährige gebürtige Ludwigshafenerin noch mehr Werbung für die Frauenfußball-Abteilung machen und Kontakte knüpfen. So hat sie mit Stefan Müller-Römer einen wichtigen Fürsprecher an ihrer Seite. Müller-Römers Stellvertreter Carsten Wettich, der nach dem Rücktritt von Jürgen Sieger bis auf weiteres als FC-Vizepräsident fungiert, informiere sich ebenfalls regelmäßig über die aktuellen Entwicklungen.

Sascha Glass ist das beste Beispiel, dass Externe vom mittelfristigen Konzept des FC überzeugt werden können und sich für den FC entscheiden, obwohl der Verein noch um den Klassenerhalt in der Bundesliga kämpfen muss. „Sascha ist ein Glücksfall für uns“, freut sich Bender über die Verpflichtung, „er hat ein gutes Standing bei den Spielerinnen, beobachtet diese teilweise schon mehrere Jahre. Er wird auch von seinen Kollegen in der Liga hoch eingeschätzt.“ Bender sieht in Glass einen „außergewöhnlich guten Trainer“ und betont: „Die Chemie hat von Anfang an gestimmt.“Auch in der aktuellen Corona-Phase telefonieren Bender und Glass bis zu fünfmal täglich, um sich vorrangig hinsichtlich der Kaderplanung auszutauschen.

Namhafte Spielerinnen hinzugewonnen

Zugleich profitiert der FC vom großen Netzwerk des neuen Coaches. Im Winter konnte so Johanna Tietge verpflichtet werden. Für die kommende Spielzeit haben mit Lena Lotzen und Sharon Beck zwei weitere namhafte Spielerinnen unabhängig von der Klassenzugehörigkeit des FC ihre Zusage gegeben. Ein weiterer hochkarätiger Zugang soll so gut wie unter Dach und Fach sein. „Wir sprechen hier über Monatsgehälter im niedrigen vierstelligen Bereich. Wichtig ist daher, dass wir den Spielerinnen auch Teilzeit-Jobs besorgen können“, erklärt Müller-Römer. Positiv wirke sich bei Neuverpflichtungen zudem der Faktor „Stadt Köln“ aus: „Köln ist eine attraktive Stadt und der FC ist ein toller Verein. Das sehen natürlich auch viele Spielerinnen.“

Das nächste Etappenziel für die FC-Frauen ist es, sich in der Bundesliga zu etablieren und schon in der nächsten Saison mit dem Abstiegskampf nichts mehr zu tun zu haben. Sollte die aktuelle Saison wegen Corona abgebrochen werden, ist eine Aufstockung der Liga von 12 auf 14 Clubs denkbar. „In den nächsten Jahren wollen wir uns Schritt für Schritt weiter nach oben arbeiten“, formuliert Bender das klare Ziel. Eine wichtige Rolle soll dabei die eigene Jugend spielen, weil gerade auch lokale Spielerinnen in das Bundesliga-Team integriert werden sollen.

Eine Anhebung des Etats wird dafür erforderlich sein. Die meisten Spielerinnen sind noch als Teilzeit-Fußballerinnen aktiv. Um oben anzugreifen, ist eine weitere Professionalisierung zwingend notwendig. Mit Blick auf die getätigten Neuverpflichtungen ist ein weiterer Schritt getan.

Hauptsponsor Schaebens

Der Aufschwung der Frauenfußball-Abteilung beim 1. FC Köln ist eng mit dem Hauptsponsor verbunden. Das Unternehmen Schaebens mit Sitz in Frechen ist seit 2017 der größte Unterstützer der FC-Frauen. „Dem Frauenfußball ein neues Gesicht geben“ war damals das Motto. Den Kontakt zum Hersteller für Gesichtsmasken und anderer Kosmetika ging vom FC aus. Der Club befand sich auf der Suche nach einem Partner, der sich mit seinem Produktangebot explizit an Frauen wendet. Seither ziert der rot-weiß-gelbe Schriftzug nicht nur die Trikots der ersten Frauen-Mannschaft, sondern aller Teams bis in den Jugendbereich.

Als im vergangenen Jahr der Wiederaufstieg des 1. FC Köln in die Bundesliga perfekt war, wurde die Zusammenarbeit vorzeitig um fünf weitere Jahre bis 2024 verlängert. Den sanften Druck des Sponsors nach dem Wiederaufstieg, den Frauenfußball beim FC weiter voranzutreiben und die Strukturen zu professionalisieren, habe es laut dem geschäftsführenden Schaebens-Gesellschafter Heiko Hünemeyer (Foto) gar nicht mehr bedurft.Der Kosmetik-Hersteller wirbt nicht nur mit seinem Namen, sondern auch mit den Gesichtern der Spielerinnen. Hünemeyer selbst ist längst Stammgast bei den Spielen der FC-Frauen. (dm)