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ProzessGladbacher Kölsch-Dieb: Beute ist wohl längst alt und schal

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Ein frisch gezapftes Kölsch wird auf einer Party in die Kamera gehalten.

Ein frisch gezapftes Kölsch ist im Karneval ein Muss. In Bergisch Gladbach stand jetzt ein Dieb vor Gericht, der fast 200 Liter geklaut hat.

Fast 200 Liter Kölsch hat ein 33-jähriger Neu-Gladbacher den Närrischen Sandern geklaut. Am Dienstag stand er deswegen vor Gericht.

In einem waren sich alle Prozessbeteiligten einig: Es gehört ein gewisses Maß an Dämlichkeit dazu, einem Karnevalsverein an Karneval zehn volle Fässer Kölsch aus dem Kühlwagen zu klauen, dann das Diebesgut aus dem Lieferwagen zu verlieren und zu guter Letzt auch noch ein Fahrzeug zu benutzen, dessen Kennzeichen die Polizei geradewegs auf die eigene Fährte bringt.

Aber Jupp S. (Name geändert) ist ja auch kein Berufskrimineller, sondern ein in der Pflege tätiger junger Ehemann und hatte Probleme mit seiner Miete. Der aus Köln zugewanderte 33-jährige Neu-Gladbacher hat, wie er in seinem Geständnis beteuerte, längst eingesehen, dass auch Finanzprobleme keine Rechtfertigung für kriminelle Handlungen sind. Bei den beklauten Karnevalisten, der KG Närrische Sander, hat er sich entschuldigt und einen Teil des Schadens schon wieder zurückgezahlt; den Rest will er bis zum Jahresende abstottern.

Bis drei Uhr wurde geschunkelt, dann kam der Kölsch-Dieb

Es war in der Nacht vom 4. zum 5. Februar, in der Jupp S. am Gymnasium Herkenrath auf Beutezug ging. Bis 3 Uhr nachts hatten die zeitweise 444 Karnevalisten erst in der Aula und anschließend im Foyer gefeiert, dann war Ruhe. Und dann kam Jupp S. und schraubte an einem abgestellten Kühlwagen die Rückwand ab und holte diverse Fässer Kölsch mit fast 200 Litern Inhalt heraus. „Das war der Rest, der bei unserer Sitzung an dem Abend übriggeblieben war“, erläuterte KG-Geschäftsführer Andreas Franken am Dienstag auf Anfrage.

Das da noch kein bisschen alte Kölsch packte Jupp S. in einen Lieferwagen. In dem Moment näherte sich allerdings ein Tontechniker der KG mit seinem Auto. Jupp S. geriet in Panik und fuhr los – ohne den Laderaum an seinem Auto zu verschließen. Während der Zeuge die Polizei alarmierte und das Kennzeichen durchgab, raste S. davon und verlor dabei die Bierfässer. Diese sind übrigens trotz Nachsuche bis heute nicht wieder aufgetaucht und dürften damit ziemlich alt und schal sein, wenn sie nicht doch noch jemand gefunden und getrunken hat. Als die Polizei den Dieb zu Hause aufsuchte, gestand Jupp S. sofort.

Wir machen jetzt den Deckel drauf und stellen das Verfahren ein
Richterin Birgit Brandes

Im Prozess fragte Richterin Brandes den Angeklagten, wie er auf die Idee gekommen sei, einen Karnevalsverein zu bestehlen. Das sei Zufall gewesen, er habe einen Bekannten dort abgeholt und dann gedacht, dass dort vielleicht etwas zu holen sei.

In der Kanzlei seines Verteidigers hat er längst eine Aussprache mit den Närrischen Sandern gehabt. Den Wert des Biers, 1290,64 Euro, hat er bereits erstattet, weitere Zahlungen für die verschollenen Fässer stehen noch aus. Jupp S. will sie bis zum Jahresende leisten, damit er die Bilanz des Vereins nicht durcheinander bringt.

Närrische Sander nehmen Entschuldigung an

Die Sander Karnevalisten ihrerseits haben Herz gezeigt und seine Entschuldigung angenommen, wie ein Vorstandmitglied der KG der Richterin per Mail mitteilte und weiter darum bat, jetzt nicht noch als Zeuge erscheinen zu müssen. Das muss der Karnevalist jetzt tatsächlich nicht mehr: „Wir machen jetzt den Deckel drauf und stellen das Verfahren ein“, schlug Brandes vor.

Die Staatsanwältin stimmte zu und Jupp S. sprach ein wenig verschämt ein „Danke sehr“ in den Raum. Dank der Einstellung nach Paragraf 153 wegen Geringfügigkeit behält er auch künftig seine weiße Weste und muss auch keine Buße zahlen.