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AmtsgerichtFreispruch – Bedrohung in Bergisch Gladbach hat es gar nicht gegeben

Lesezeit 3 Minuten
Blaulicht an einem Einsatzfahrzeug der Polizei.

Nach einer Familienstreitigkeit in Bergisch Gladbach musste sich ein 61-jähriger Gladbacher vor Gericht verantworten.

Den Sohn seiner Ex soll ein Gladbacher (61) mit dem Tod bedroht haben, so die Anklage. Alles Unfug, so der 26-Jährige als Zeuge vor Gericht.

Wo kein Kläger, da kein Richter? Das stimmt auch nicht immer. Ein 61-jähriger Bergisch Gladbacher musste trotzdem vor Gericht, nachdem den Behörden zuvor anscheinend die Pferde durchgegangen waren. Im Prozess wegen Bedrohung gelang es der Richterin und der Staatsanwältin aber schnell, die galoppierenden Gäule wieder einzufangen.

Die Vorwürfe gegen Werner P. (Namen geändert) klangen hart: Er soll Markus F. (26), dem Sohn seiner damaligen Lebensgefährtin Karin, am 25. Juni 2022 gegen 19 Uhr in einem Mietshaus in Hand die Worte „Ich stech' dich ab!“ entgegengeschleudert haben.

Ich konnte gar nichts mehr sagen.
Der Angeklagte vor Gericht

Zunächst stellte die Justiz dem angeblich wütenden Werner P. einen Strafbefehl über 1200 Euro zu. Doch legte der 61-Jährige Einspruch ein. Zum Prozess am Mittwoch erschien der inzwischen nach Köln verzogene Angeklagte pünktlich, aber ohne Verteidiger, und bestritt den Vorwurf. Wahr sei vielmehr, dass er auf das Klingeln des jüngeren Kontrahenten die Wohnungstür geöffnet habe, woraufhin dieser sich auf ihn gestürzt habe. Werner P. vor Gericht: „Ich konnte gar nichts mehr sagen.“ Der andere sei ja dafür auch verurteilt worden.

Es ist nichts passiert, gar nichts, null.
Der vermeintlich bedrohte Zeuge Markus F.

Auf Nachfrage von Amtsrichterin Simona Sünnemann präzisierte Werner P. die Beschreibung noch einmal: „Als ich die Tür öffnete, ging er auf mich los und deute mich ins Wohnzimmer.“ Als erster Zeuge wurde der vermeintlich bedrohte Ex-Schwiegersohn Markus F. (26) aufgerufen. Der Gebäudereiniger zeigte sich über den Prozess verwundert: „Die Sache war doch schon geklärt.“ Und weiter: „Ich habe keine Rückanzeige erstattet. Das habe ich nur einmal bei der Polizei angekündigt, sonst nichts.“ Er habe aber nichts unterschrieben. Markus F. weiter: „Es ist nichts passiert, gar nichts, null!“ Er sei nur sehr wütend auf den 61-Jährigen gewesen.

Das Ganze habe er im Übrigen auch dem Gericht telefonisch mitgeteilt – eine Information, die die Richterin aber nach deren Worten nicht erreicht hat. Ihr sei nur von Schwierigkeiten mit dem Termin berichtet worden.

Auch die Ex bezeugt keine Bedrohung

Richterin und Staatsanwältin verständigten sich darauf, nun auch das vor der Tür wartende letztmögliche „Beweismittel“ auszuschöpfen: Karin F. (55), die Mutter des angeblich Bedrohten und Ex-Lebensgefährtin des Angeklagten, wurde in den Zeugenstand gerufen. Doch auch Karin F. konnte zwar die Auseinandersetzung bestätigen, in deren Verlauf ihr Ex nach einem „Schubs“ gegen die Wohnzimmertischkante geknallt sei und sich verletzt habe. Aber die Worte „Ich stech' dich ab“ habe sie nicht gehört.

Damit war aus der Anklage völlig die Luft raus. Wie es dazu gekommen war, dass aus der familiären Streitigkeit in einfachen Verhältnissen zeitweise gleich drei Verfahren wegen Beleidigung, Körperverletzung und Bedrohung wurden, blieb in dem Prozess offen – vielleicht hing es ja mit den zwölf Vorstrafen des Angeklagten und einer daraus womöglich resultierenden geringeren Hemmung, noch ein weiteres Verfahren einzuleiten, zusammen.

Das war dann aber am Mittwochvormittag in Saal 106 des Amtsgerichtes auch egal: „Ich beantrage Freispruch“, plädierte die Staatsanwältin. Der folgte dann auch prompt, und zwar mit dem obligatorischen „auf Kosten der Landeskasse“. Werner P. wirkte danach, Vorstrafen hin, Vorstrafen her, einfach nur erleichtert: „Gott sei Dank“, sagte er, bedankte sich und wünschte einen schönen Tag.