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UmfragehochSPD bekommt Rückenwind – Doch bei Kölner Genossen rumort es

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Wahlplakate von Olaf Scholz (SPD), Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat, an einer Straße.

Berlin – Es läuft derzeit ganz gut für die SPD. Einen Monat vor der Bundestagswahl liegen die Sozialdemokraten in Umfragen wieder vor den Grünen und haben laut Forsa-Institut sogar die Union überholt – zum ersten Mal seit fast 15 Jahren.

Der positive Bundestrend lässt auch die Kölner Genossen hoffen, bei der Wahl am 26. September mehr Stimmen und Direktmandate zu holen, als vor einigen Monaten zu erwarten war. Personaldebatten, wie sie derzeit die CDU um ihren Parteivorsitz in Köln und auf der Bundesebene führt, will man daher tunlichst vermeiden, um die Ziele nicht zu gefährden.

Im Hintergrund ringt SPD bereits um Positionen

Doch hinter den Kulissen wird längst darum gerungen, wer künftig den SPD-Unterbezirk Köln führt und wer bei der Landtagswahl am 15. Mai 2022 für die SPD kandidiert. Davon soll möglichst wenig nach außen dringen. In der Vergangenheit hatten sich die Kölner Genossen immer wieder zutiefst zerstritten präsentiert und sowohl bei der Europawahl 2019 (17,0 Prozent) als auch bei der Kommunalwahl 2020 (21,6 Prozent) maue Ergebnisse eingefahren. Jetzt will man mit Geschlossenheit beim Wähler punkten. Ein Überblick über die aktuelle Lage.

SPD-Aufwärtstrend für die Bundestagswahl

Als die SPD im Frühjahr in den Umfragen bundesweit bei rund 17 Prozent dümpelte, stand angesichts der damals hohen Zustimmungswerte für CDU und Grüne selbst das Minimalziel der Kölner Genossen in Frage – nämlich ihre beiden Direktmandate zu verteidigen. Den Wahlkreis 101 (Leverkusen/Köln-Mülheim) hatte SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach seit 2005 zwar vier Mal hintereinander gewonnen, doch nun bekommt er mit NRW-Staatssekretärin Serap Güler (CDU) prominente Konkurrenz.

Auch für den Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, der den Wahlkreis 95 (Chorweiler, Ehrenfeld, Nippes) fünf Mal in Folge geholt hat, sah es lange so aus, als könnte er im Rennen gegen die Abgeordneten Gisela Manderla (CDU) und Katharina Dröge (Grüne) diesmal den Kürzeren ziehen.

Inzwischen besteht aus Sicht der SPD aber wieder Grund zu mehr Optimismus. Man hofft nun auch, den Wahlkreis 93 (Porz, Kalk, Deutz, City Nord) zurückerobern zu können, den Martin Dörmann 2017 knapp gegen Karsten Möring (CDU) verloren hatte. Hier tritt die Projektmanagerin Sanae Abdi (34) gegen Möring (71) an.

Dass SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz deutlich höhere Zustimmungswerte genießt als CDU-Bewerber Armin Laschet und Grünen-Chefin Annalena Baerbock, soll sich auch in Köln in einem guten Zweitstimmen-Ergebnis niederschlagen, so die Hoffnung der Genossen.

Zweikampf um den SPD-Parteivorsitz?

Im März 2019 wurde Christiane Jäger (58) als erste Frau zur Vorsitzenden der Kölner SPD gewählt. Sie folgte auf Jochen Ott (47), der den Unterbezirk 18 Jahre geführt hatte. Nach zwei Jahren, also im März 2021, hätte die SPD einen neuen Vorstand wählen müssen – doch Corona kam dazwischen. Nun soll die Vorstandswahl auf einem Parteitag am 13. November stattfinden.

Jäger ist in der Partei nicht unumstritten. 2019 wurde ihr tiefes Zerwürfnis mit dem Chef der SPD-Ratsfraktion, Christian Joisten (49), öffentlich. Ob sie erneut kandidieren will, ist unklar. Auf Nachfrage der Rundschau wollte sie sich dazu nicht äußern. Die SPD werde alle Personalfragen nach der Bundestagswahl klären, so Jäger. Dazu gebe es ein vom Vorstand einstimmig beschlossenes Verfahren.

Demnach sollen sich alle, die Interesse an einer Kandidatur für den Vorstand oder für den Landtag haben, bis Anfang Oktober beim Parteivorstand melden. Sie sei froh, „dass wir nicht die Personaldebatten haben, die andere derzeit haben“, sagte Jäger.

Falls sie wieder antritt, könnte sie Konkurrenz aus der Reihe ihrer Stellvertreter bekommen. Dem Vernehmen nach soll die Landtagsabgeordnete Susana dos Santos Herrmann (53) bereit sein, für den SPD-Vorsitz zu kandidieren. Sie hatte diesen Schritt bereits 2019 erwogen – für den Fall, dass Ott noch mal angetreten wäre. Bei der Wahl zur Stellvertreterin verpasste ihr der Parteitag jedoch mit nur 60 Prozent Zustimmung einen Dämpfer. Ob sie eine Mehrheit hinter sich versammeln kann, ist offen.

Auf Anfrage wollte dos Santos sich nicht zu möglichen Ambitionen auf den Parteivorsitz äußern. „Ich konzentriere mich voll auf den Bundestagswahlkampf und die Unterstützung unserer Kandidaten.“

Kampf um die SPD-Landtagswahlkreise

Die Frage, wer für den Landtag kandidiert, könnte für die SPD zur erneuten Zerreißprobe werden. Der größte Konflikt dürfte sich im Wahlkreis Köln V (Porz, Merheim, Brück, Rath/Heumar) abspielen. Es ist bisher der Wahlkreis von Jochen Ott, der seit 2010 im Landtag sitzt. 2017 hatte er gegen Florian Braun (CDU) verloren, kam aber über die Landesliste ins Parlament. Nach Rundschau-Informationen will SPD-Fraktionschef Joisten, der Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Porz-Südost ist, Ott den Wahlkreis streitig machen.

Es wäre ein Konflikt mit enormer Sprengkraft für die Partei. Auf Nachfrage wollten sich weder Ott noch Joisten zu ihren Plänen äußern. Man halte sich an das verabredete Verfahren. Viele in der Partei rechnen damit, dass sowohl Ott als auch Joisten in den Landtag wollen. Joisten hätte als Fraktionschef das Recht, ein Doppelmandat auszuüben, wie es auch sein Vorgänger Martin Börschel tat.

Der hatte 2018 versucht, ohne Ausschreibung Chef der Stadtwerke zu werden und nach Bekanntwerden der Affäre erst den Fraktionsvorsitz und dann sein Ratsmandat niedergelegt, sein Landtagsmandat aber behalten. Der Skandal erschütterte die SPD in ihren Grundfesten. Ob sie Börschel erneut im Wahlkreis VII (Mülheim) aufstellen würde, ist fraglich. Er persönlich würde es begrüßen, denn Börschel leiste „wertvolle Arbeit für den Bezirk“, sagte Mülheims SPD-Bezirksvorsitzender Norbert Fuchs. Börschel selbst wollte sich nicht äußern.

Entscheidung über Kölner SPD-Kandidaturen fällt im November

Die finale Entscheidung über die Kandidaturen fällt auf einer Wahlkreiskonferenz am 30. November. Nach Rundschau-Informationen treten zwei Landtagsabgeordnete nicht mehr an: SPD-OB-Kandidat Andreas Kossiski (63) im Wahlkreis IV (Chorweiler, Mauenheim, Riehl etc.) sowie Gabriele Hammelrath (68) im Wahlkreis III (Ehrenfeld, Nippes, Bilderstöckchen). Als eine mögliche Nachfolgerin für Hammelrath gilt Parteichefin Jäger.

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Im Wahlkreis VI (Humboldt/ Gremberg, Kalk etc.) dürfte wohl dos Santos erneut antreten. Offiziell äußern wollte sich keiner der Beteiligten. Nur Lisa Steinmann (55), Ratsmitglied und Ex-Landtagsabgeordnete, bekannte, dass sie erneut im Wahlkreis II (Lindenthal) antreten will, wo sie 2017 verloren hatte. Das habe sie schon vor zwei Jahren erklärt