Der 52-Jährige hatte jahrelang Mitarbeiter am Gericht in den Wahnsinn getrieben. Nun soll er die Kosten für Krankentransporte zahlen — eine Entscheidung wird für Ende November erwartet.
Prozess in KölnDer „Pulverteufel“ kommt gefesselt auf die Anklagebank
Er ist der Schreck eines jeden Justizmitarbeiters. Über Jahre hat der 52-Jährige Wachtmeister, Richter und Staatsanwälte immer wieder bis an die Grenze zum Wahnsinn getrieben. In Verhandlungen mit Anträgen und Rügen. Es kam aber auch schon vor, dass er sich weigerte in einem Saal zu verhandeln, weil mehrere Mehrfach-Schuko-Stecker als Verlängerungskabel ineinander gesteckt waren. Dies verstoße gegen Brandschutzbestimmungen, monierte der Mann – womit er sogar recht hatte. Außerhalb von Verfahren nervte er Bedienstete, weil er immer wieder versuchte, Gegenstände ins Gericht zu schmuggeln, die dort nichts zu suchen habe. Vor dem Justizzentrum hielt er wiederholt Kundgebungen ab, beschmierte den Boden mit Sprühkreide und zog dann und wann auch mal vor versammelter Mannschaft blank.
Land NRW klagt auf Schadenersatz
Am Donnerstag fand nun ein Zivilprozess gegen den als „Pulverteufel“ bekannt gewordenen Leverkusener statt. Das Land NRW hat ihn auf Schadensersatz in Höhe von knapp 1220 Euro verklagt. Der 52-Jährige soll die Kosten für zwei Krankentransporte für Justizwachtmeister sowie die Behandlung eines der beiden Männer tragen. Der Hintergrund ist jener Vorfall, durch den er seinen Spitznamen „Pulverteufel“ erlangte.
Im April 2018 hatte der Mann bei einer Durchsuchung und Leibesvisitation durch Justizwachtmeister ein zunächst unbekanntes weißen Pulver verstreut. Dabei hatte der Mann Andeutungen gemacht, dass es sich womöglich um eine gefährliche Substanz handle. Damit löste der 52-Jährige einen Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr aus. Zum Einsatz kam damals auch eine „Analytische Task-Force“ vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz, die ein Zelt zur Dekontamination von Gift- und anderen gefährlichen Stoffen am Justizzentrum einrichtete. Teile des Justizzentrums waren damals im Zuge des Vorfalls geräumt worden, der betroffene Saal war tagelang versiegelt und konnte nicht genutzt werden. Später stellte sich heraus, dass es sich bei dem Pulver um Traubenzucker handelte. In einem Strafverfahren war der Mann dann unter anderem wegen des Pulvervorfalls im Dezember 2020 zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Da der Leverkusener derzeit eine Haftstrafe absitzt, wurde die Verhandlung nicht im Zivil- sondern im Strafbereich geführt.
In den Saal kam der 52-Jährige mit Handschellen gefesselt. Als der Beklagte monierte, er könne mit gefesselten Händen keine Notizen machen, entgegnete der Richter, das könne seine Anwältin ja für ihn tun. „Aber ich kann so auch nicht in den Akten blättern.“ Der Richter, meinte, dass er das schaffe, wenn er nur wolle. „Aber ohne Brille kann ich nicht lesen“, versuchte der Beklagte erneut von den Handfesseln befreit zu werden. Doch ein Wachtmeister setzte ihm kurzerhand die Brille auf.
Die Verhandlung dauerte nur wenige Minuten. Anders als in einem Strafprozess, kann in einem Zivilverfahren viel anhand der Aktenlage entschieden werden. „Die Sache ist für mich entscheidungsreif“, sagte der Vorsitzende. Da ging es für den 52-Jährige auch schon wieder zurück ins Hausgefängnis. Der Auftritt am Donnerstag geht somit als der am wenigsten spektakuläre des „Pulverteufels“ in die Kölner Justizgeschichte ein. Ende November soll eine Entscheidung fallen.