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Interview

Experte zur Entwicklung
„Die Mittelstraße hat das Potenzial, ihre Rolle zu halten“

Lesezeit 2 Minuten
Die Mittelstraße in Köln ist bisher eher eine Luxus-Adresse

Die Mittelstraße in Köln ist bisher eher eine Luxus-Adresse

Christian Rusche ist Senior Economist für Wettbewerb und Strukturwandel am Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln.

Wie entwickelt sich das Image einer Straße? Die Mittelstraße war bis in die 1950er Jahre hinein Handwerks- und Rotlichtmilieu.

Das ist fast immer auch ein bisschen Zufall. Für das Luxus-Segment braucht es zunächst einmal eine kritische Masse an Geschäften und Konsumenten, die genug Kaufkraft haben. Das war mit den Wirtschaftswunder-Zeiten gegeben. Wenn sich dann einmal ein, zwei, vielleicht drei Läden etabliert haben, interessieren sich auch andere dafür. Eben weil die Menschen ja eigens dafür hinkommen. Zudem braucht es eine günstige Verkehrsanbindung, die nach dem Zweiten Weltkrieg neu geschaffen worden war.

Kann man so eine Entwicklung steuern?

Man kann es versuchen. Aber auch das beste Konzept kann schiefgehen, wenn das Umfeld ungünstig ist. Ein Negativbeispiel waren meiner Ansicht nach die Galeries Lafayette in Berlin. Da kam diese kritische Masse eben nie zusammen.

Welche Chancen hat die Mittelstraße, sich weiterzuentwickeln?

Die Mittelstraße hat schon das Potenzial, ihre Rolle zu halten. Es müssen ja nicht nur Geschäfte sein, man kann sie auch mit hochklassiger Gastronomie oder mit Kunst ergänzen. Und das passiert ja auch schon. Zudem passt sich eine Einkaufsstraße auch von allein an sich verändernde Bedingungen an: Fragen die Konsumenten neue Produkte nach, passen sich die Geschäfte an oder es kommen neue dazu, während andere ausscheiden.

Köln hat ohnehin nicht den Ruf, viel Luxus zu bieten. Wenn so ein Segment wie die Mittelstraße wegbräche, macht das etwas mit dem Image der Stadt?

Bei Luxus denkt man vielleicht zunächst an die Kö in Düsseldorf oder an andere Städte Europas. Aber auch die Mittelstraße gehört zum Image von Köln dazu, dass es auch hier etwas gibt, wo man sich mit etwas Luxus belohnen kann.

Einige Geschäftsinhaber beklagen sich darüber, dass der Autoverkehr eingeschränkt wurde. Spielt das eine große Rolle?

Ich denke schon. Die Mittelstraße, wie wir sie heute kennen, ist ja gerade auch dadurch gewachsen, dass sie verkehrstechnisch sehr günstig gelegen ist. Ich glaube nicht, dass man mit einem teuren Kleid oder einer wertvollen Kette durch die Straße läuft und dann in die S-Bahn steigt. Es gibt Parkhäuser in der City, deren Kapazitäten aber begrenzt sind.

Könnte sich theoretisch auch die Ehrenstraße in Richtung Luxus-Segment entwickeln?

Das könnte schon sein. Wir brauchen aber die Kaufkraft dazu. Und natürlich die Verkehrsanbindung. Aber wenn man schon mal einen Fuß in der Tür zum Luxus-Segment hat, ist das eine Möglichkeit.