Der Rosenmontagszug in Köln ist der größte Karnevalsumzug in Deutschland. Ein Rundschau-Reporter war in diesem Jahr hautnah mit dabei.
Rundschau-Redakteur im SelbstversuchMit der „Blos mer jet un Bums Kapell“ im Rosenmontagszug
Auch ein Rosenmontagszug ist kein Wunschkonzert. Jedenfalls nicht, bevor die Fernsehkameras am Severinskirchplatz passiert sind. Die ersten 200 Meter verlaufen streng nach Drehbuch. Die „Blos mer jet un Bums Kapell“ aus Rath-Heumar wird vom Müllemer Bötchen der KG Müllemer Junge vor sich her getrieben, Gruppe 11, kölscher geht es nicht. Und natürlich schreibt die Regie „Heidewitzka, Herr Kapitän“ vor, was auch sonst.
„Achtung. Locke“, ruft Paul Bremser, der musikalische Leiter. In jeder Fußballmannschaft wäre Locke der Spitzname für irgendeinen Glatzkopf, doch in der Marschmusik ist eine Abfolge getrommelter Triolen gemeint, die den Übergang ins „klingende Spiel“ einleiten. Kleiner Trommelwirbel, akzentuierte Schläge, wieder wirbeln. Und schon nimmt das Müllemer Bötchen Fahrt auf. Konventionelle Kapellen würden nun in den militärischen Stechschritt verfallen. „Bei uns ist alles sehr ungezwungen“, lautet das Kommando von Paul Bremser. „He spillt jeder wat hä kann, jeder wie hä well, en dä Blos mer jet Rums un Bums Kapell“, empfiehlt das gleichnamige Lied der Bläck Fööss.
Die Formation aus Rath-Heumar ist eine von 60 Kapellen im Rosenmontagszug, insgesamt sind 1626 Musikerinnen und Musiker dabei, sogar drei Gruppen aus den Niederlanden und eine aus Großbritannien. „Die Gruppen sind angehalten nur Karnevalsmusik zu spielen. Genaue Lieder geben wir nicht vor“, heißt es beim Festkomitee. Zum Zug-Repertoire der Bums-Kapell gehören sechs Lieder, das „Rheinlandmädel“ ist dabei, das „Trömmelche“ von den Räubern, „In der Kayjass Nummer Null“, „Mer losse dr Dom in Kölle“ und eben das „Mottolied“ der Fööss zur „Blos mer jet und Bums Kapell“.
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Normalerweise besteht die Gruppe aus etwa 25 Musikerinnen und Musikern, doch Rosenmontag sind es 40. „Das machen alle Musikgruppen so“, weiß Bremser. Moritz Schröder (19) spielt in seiner Freizeit Schlagzeug und E-Gitarre, jetzt hängt eine Marschtrommel über seinen Schultern. Für ihn ist es ein Familienausflug, sein Vater trompetet, seine Mutter spielt die Becken und sein Bruder trägt die „Standarte“ und heizt den Jeckinnen und Jecken kräftig ein. Getrommelt wird fast immer. Wenn die Kapelle gerade pausiert, wechseln die Trommler Moritz Schröder, Conrad Kleine und Andreas Frerichs in den Sambarhythmus. Und die Menschen am Zugweg tanzen.
Früher hieß die Gruppe „Fründe“, weil es der naheliegendste Name war. Zum Polterabend einer Freundin trafen sich die Musikerinnen und Musiker. Doch der spontane Auftritt war erst der Anfang. Auch Bömmel Lückerath, der in Rath-Heumar lebt und Gründungsmitglied der Bläck Fööss ist, fand Gefallen an der Kapelle. „Er animierte uns, beim Schützenfest zu spielen, wir konnten damals drei Stücke. Später empfahl er uns die Umbenennung“, erzählt Miriam Quodbach, die einst Querflöte gelernt hat und für die Kapelle auf Saxophon umgestiegen ist. Heute spielt die Gruppe auch in kölschen Messen. Und geht beim Sonntagszug in Brück mit.
„Könnt ihr einen Tusch spielen“, feuert ein Tribünen-Moderator an der Nord-Süd-Fahrt die Bums-Kapell an. Die Antwort kommt prompt. Ein schiefes und krummes Instrumenten-Gejaule. „Ich empfehle diese Kapelle für Beerdigungen mit Christoph Kuckelkorn“, höhnt der Moderator. Aufpassen. Nächste Locke. Und schon jeiht dat Trömmelche.
Schlag auf Schlag geht es Richtung Heumarkt und Dom. Nochmals die Kayjass. Nochmals Heidewitzka. Die Ohren dröhnen, das Herz lacht.
Schön war`s.