Interview

Ex-Hai Sebastian Furchner
„Am Ende wäre es keine Riesenüberraschung“

Lesezeit 4 Minuten
Blickrichtung Meistertitel: Sebastian Furchner (Mitte) mit den Bremerhavener Urgesteinen Alfred Prey (links) und Hauke Hasselbring.

Blickrichtung Meistertitel: Sebastian Furchner (Mitte) mit den Bremerhavener Urgesteinen Alfred Prey (links) und Hauke Hasselbring.

Ex-Hai Furchner hat immer wieder versucht den Titel in der DEL zu gewinnen, mit den Fischtown Pinguins könnte es jetzt endlich klappen.

Als Stürmer verlor Sebastian Furchner sechs Finalserien um die deutsche Eishockey-Meisterschaft – zwei davon mit den Kölner Haien. Nun hat er als Funktionär der Pinguins Bremerhaven seine siebte Chance auf den Pokal. Wie sehr die verpassten Titel schmerzen und warum es diesmal endlich klappt, erzählt der 41-Jährige im Gespräch mit Alexander Petri.

Herr Furchner, sind Sie handwerklich begabt?

(lacht) Stark limitiert, aber ich gebe mein Bestes.

Also haben Sie die Play-off-Pyramide der Pinguins nicht gebaut?

Nein.

Die zwölf Fächer dieser Pyramide symbolisieren die notwendige Anzahl Siege bis zum Titel. Acht dieser Fächer sind schon mit Pucks belegt, vier fehlen noch. Wer kam auf diese schöne Idee?

Das kann ich gar nicht sagen. Eigentlich war das ein mannschaftsinternes Ding, das nicht an die Öffentlichkeit kommen sollte. Das war unglücklich, deswegen wollen wir gar nicht so sehr den Fokus darauf lenken.

Sie sind als Profi sechsmal Vizemeister geworden, durften aber noch nie den Pokal in die Luft heben. Warum klappt es nun im siebten Anlauf als Funktionär?

Weil ich jetzt kein Spieler mehr bin. Es liegt immer an den Spielern. Wir rechnen uns also bessere Chancen aus.

Zumindest kennen Sie das Gefühl, mit Bremerhaven zu triumphieren: 2002 gewannen Sie das Zweitliga-Finale – ohne Gehalt, aber mit tollem Teamgeist. Was hat sich seitdem in Fischtown verändert?

Bis auf die handelnden Personen im Hintergrund hat sich alles verändert: das Stadion, die ganze Infrastruktur. Es ist alles professioneller. Auf der anderen Seite ist es schon noch sehr familiär. Es sind unglaublich viele Menschen aus meiner aktiven Zeit noch dabei, die im Stadion helfen. Zum Beispiel Helga, die früher Obst für die Spieler geschnitten hat – die ist heute immer noch hier. Auch derjenige, der das Material verwaltet, ist noch mit dabei. Und klar, Alfred Prey und Hauke Hasselbring, die Väter des Erfolgs, sind auch über viele Jahre in der Verantwortung.

Ist diese Kontinuität auch Teil des Erfolgsrezepts der Pinguins?

Ja, definitiv. Ich glaube, dass die Spieler gerne für den Verein spielen und sich voll damit identifizieren. Das merkt man jetzt im Erfolgsfall, dass es den Spielern näher geht, weil sie wissen, dass sie das hier mit aufgebaut haben. Der Verein hat sich in kleinen Schritten immer weiterentwickelt. Unser Torwart Kristers Gudlevskis, der zwischendurch mal woanders gespielt hat, kam zurück und sagte: „Ihr seid ja schon wieder ein Stück weiter als damals, als ich gegangen bin.“ In Wolfsburg war das ähnlich.

Hatten oder haben Sie keine Bedenken, in die riesigen Fußstapfen von Bremerhavens Manager-Legende Prey zu treten, der im Sommer kürzertreten will?

Sind wir mal ehrlich: An jedem Standort gibt es große Fußstapfen. Aber wir wissen, was wir voneinander erwarten können. Da gibt es keine Überraschungen. Unsere Ziele sind sehr hoch, aber wir sind immer noch die Fischtown Pinguins. Diese herausragende Saison ist nicht selbstverständlich. Nächstes Jahr geht es wieder bei Null los.

Ist es von Vorteil, dass Sie mit Co-Trainer Alexander Sulzer einen Freund und einen Kaufbeurer wie Sie im Klub haben? Ex-Hai Sulzer wird ja auch als Nachfolger des scheidenden Thomas Popiesch als Chefcoach gehandelt.

Unsere Personalien haben nichts miteinander zu tun. Er war ja schon da, als ich noch kein Thema in Bremerhaven war. Um zu verhindern, dass unsere Verbundenheit ein Problem wird, haben wir mit Alfred und Hauke im Vorfeld besprochen, dass wir hier keine Klüngelwirtschaft haben wollen. Jeder wird an seiner Leistung gemessen. Aber natürlich ist es in der Kommunikation hier und da leichter, wenn man sich gut kennt.

Zum Schluss noch mal zurück zu den sechs verlorenen Finalserien. Wie sehr nagt das an Ihnen?

Ich habe viele Jahre gesagt, dass es nicht an mir nagt. Das war auch so, weil ich das realistisch einzuschätzen wusste. Mit Wolfsburg waren wir eben immer der Außenseiter. Ein bisschen anders war es natürlich mit den Kölner Haien. Da waren wir in meinem ersten Jahr gegen Krefeld der klare Favorit. Ja klar, ich hätte gerne einen Titel gewonnen. Ich kann deshalb schlafen, so ist es nicht. Aber gerade jetzt, bei den Rückblicken zu 30 Jahren DEL, da weißt du, wenn Berlin oder München den Pokal hochhalten: Auf der anderen Seite stand ich. Dann kommt schon mal die Frage, ob man nicht noch ein bisschen besser hätte spielen können. Aber ich weiß, ich habe alles auf dem Eis gelassen und es einfach nicht geschafft, mit meinen Teams den Titel zu holen. Ich bin fein damit, aber schade ist es halt schon (lacht).

Wenn Sie es nun mit Bremerhaven schaffen würden, würde Sie das ein Stück weit entschädigen.

Ich gehe so weit und sage: Wenn man ganz objektiv draufschaut, wäre es wohl die größte Überraschung in der DEL-Geschichte. Auf der anderen Seite waren wir Erster nach der Hauptrunde. So, wie die Mannschaft sich präsentiert hat über die letzten Monate, wäre es am Ende dann doch keine Riesenüberraschung.

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