Kommentar zum Absturz des 1. FC KölnEin Versagen auf allen Ebenen

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Im Zentrum der Kritik: Sportchef Christian Keller.

Im Zentrum der Kritik: Sportchef Christian Keller.

Der tiefe Fall des 1. FC Köln aus dem europäischen Geschäft ans Tor zur Zweiten Liga ist die Folge einer langen Fehlerkette, die personelle Konsequenzen nach sich ziehen muss, meint unser Autor.

Wer sich auf die Suche begibt nach Gründen für den immer wahrscheinlicheren siebten Bundesliga-Abstieg der Vereinsgeschichte, der findet beim 1. FC Köln nicht den einen Schuldigen. Das Desaster der Saison 2023/24 bildet ein Versagen auf allen Ebenen ab. Das kaum noch abzuwendende Horror-Szenario – Abstieg in Zeiten der Transfersperre – ist ein gemeinsames Verschulden von Vorstand und Geschäftsführung, die es verpasst haben, den Transferstreit um Jaka Cuber Potocnik zu entschärfen, bevor er zu einem Fall für die Gerichte wurde. Mit verheerenden Folgen für den FC, der kurz davor ist, seine sportliche Aufbauarbeit der vergangenen fünf Erstliga-Jahre auf einen Schlag zu verspielen.

Der Vorstand mit Präsident Werner Wolf und seinen Stellvertretern Eckhard Sauren und Carsten Wettich steht in der größten Krise der Vereinsgeschichte mehr denn je in der Verantwortung, lange vermisste Führungsstärke zu demonstrieren und einen klaren Plan zu entwickeln, der sicherstellt, dass sich der freie Fall des 1. FC Köln bei einem Abstieg nicht auch in der Zweiten Liga fortsetzt. Es bedarf einer schonungslosen Aufarbeitung der eigenen Versäumnisse und einer genauen Beleuchtung der Geschäftsführung um den allmächtigen Christian Keller, Philipp Türoff und Markus Rejek, die in Gänze nicht miteinander harmonieren. Auch der Mitgliederrat als Kontrollgremium des Vorstands ist nun gefordert. Personelle Konsequenzen sind unumgänglich. Die Trennung von Jörg Jakobs als Schlüsselfigur im Fall Potocnik reicht allein nicht aus. 

Eine Mannschaft ohne Führung

In der Hauptverantwortung für den sportlichen Absturz steht Christian Keller. Der Sportchef ist an der Herausforderung gescheitert, die wirtschaftliche Sanierung des Vereins in Einklang zu bringen mit der Aufrechterhaltung der schleichend bröckelnden sportlichen Wettbewerbsfähigkeit. Womöglich auch, weil der ehemalige Regensburger Allein-Macher intern zu wenig delegiert. Der dramatische Fall von der Conference League ans Tor zur Zweiten Liga ist die Folge einer langen Fehlerkette. Keller ist es nicht annähernd gelungen, die Abgänge von Kapitän Jonas Hector und Ellyes Skhiri zu kompensieren. Nicht zuletzt, weil es der Mannschaft an Führungsspielern mangelt.

Obendrein erwies sich die von Ex-FC-Coach Steffen Baumgart zu verantwortende Ernennung von Florian Kainz zum neuen Spielführer als Fehler. Der introvertierte Österreicher verlor mit der Binde am Arm jegliche Leichtigkeit. Ebenso wenig ist zu verstehen, warum auf eine erstligataugliche Alternative zum verletzungsanfälligen Stürmer Davie Selke verzichtet wurde. Wenn Transfers getätigt wurden, bewies die Sportliche Leitung, der neben Keller auch Lizenzspielerleiter Thomas Kessler angehört, selten ein glückliches Händchen. Was ebenso Fragen hinsichtlich der Arbeit im Scouting aufwirft.

Auch an der Seitenlinie lief vieles falsch. Steffen Baumgart verlor seinen Glauben an die Mannschaft - und dadurch auch seine Bessermacher-Qualitäten, auf die die Tilgung der Kader-Defizite zu sehr ausgerichtet war. Kellers Entscheidung, dem Gegenentwurf Timo Schultz die Rettungsmission anzuvertrauen, hat nicht zur Wende geführt, was eine Weiterbeschäftigung im Abstiegsfall ausschließt.

Sollte dieser niederschmetternde 20. April 2024 auch eine Chance für den 1. FC Köln beinhalten, dann die, frühzeitig mit der Analyse des Scheiterns beginnen zu können.

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