Demo gegen RechtsextremeTausende Bergheimer gingen für Vielfalt auf die Straße

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Junge Demonstrationsteilnehmer mit bunt bemalten Pappschildern.

Viele junge Leute waren unterwegs. Und alle hielten sie stolz ihre Plakatkunstwerke in die Höhe.

In der Innenstadt haben die Bergheimer gegen Rechtsextremismus demonstriert. Zu Gast war auch Kabarettist Jürgen Becker.

Bei einer Großdemo zeigten Bergheimer am Samstagnachmittag Flagge. Unter dem Motto „Nie wieder ist jetzt – Bergheimer für Demokratie, Vielfalt und Menschlichkeit“ zogen laut Polizeiangaben mehr als 1500 Menschen mit Plakaten, Flaggen und Sprechchören vom Aachener Tor bis zum 1,7 Kilometer entfernten Hubert-Rheinfeld-Platz.

Organisiert hat die Demo ein Team um Susanne Boehncke. Innerhalb weniger Wochen fanden sich 50 Organisationen, Vereine und Gruppierungen aus allen gesellschaftlichen Kreisen zu einem Bündnis zusammen. Zwei Dutzend Menschen aus Politik, Kirchen, Vereinen und der Bürgerschaft halfen bei Vorbereitung und Durchführung der Demo. „Typisch Bergheimer – wir sind eben echte Demokraten“, sagte Boehncke, beeindruckt von der großen Resonanz. Roswitha Stock vom Organisationsteam ergänzte: „Heute bin ich erst recht stolz darauf, Bergheimerin zu sein.“

Kinder und Jugendliche sprachen sich für Vielfalt aus

Gekommen waren junge und ältere Menschen, mit und ohne Migrationsgeschichte. Viele hatten ihre Kinder mitgebracht. „Es geht auch um unsere Zukunft“, so der zehnjährige Nino Pelzer. Mit seinen Eltern hatte er ein Plakat gebastelt, auf dem bunte Hände im Kreis zu sehen waren. „Ich habe Freunde aus vielen verschiedenen Ländern.“ Mit ihnen wolle er auch weiter zur Schule gehen können.

Auf vielen Plakaten waren Wünsche, Ideen und Forderungen zu lesen. „Wir sind bunt“, hatte Marlea Sporn (15) auf ein Plakat geschrieben. „Ich möchte in einem freien Land leben können, wo Meinungsfreiheit und Vielfalt eine Bereicherung für alle ist.“Es sei auch ihre Zukunft, die durch Ideologien in Gefahr geraten könnte. Ihr Bruder Janis warb für „Zusammenhalt“ und ihre Schwerster Lara sagte: „Ich träume von einem Land ohne Rassismus.“ Julia Rohde (11) hatte „Better together“ auf ihr Plakat geschrieben. Sie wünsche sich ein buntes Bergheim, in dem Menschen aus vielen Ländern zusammenleben können. „Oma gegen Rechts“, stand in bunten Farben auf dem Plakat von Irene Bächle (74), und ihr Ehemann Wolfgang ergänzte: „Opa auch“.

Mit kölscher Rockmusik demonstrierten die Bergheimer

Mit einer Gruppe war die Frauengemeinschaft Bergheim auf den Beinen und forderte Respekt. „Ich wünsche mir aber auch eine Politik, die so gut ist, dass erst gar nicht der Wunsch aufkommt, eine Alternative zu wählen“, sagte Michaela Over.

Kölscher Rock und Ansprachen bestimmten das Programm nach dem Demonstrationszug auf dem Hubert-Rheinfeld-Platz. Acht Redner, darunter auch Schülerinnen der weiterführenden Schulen, kamen bei der Kundgebung zu Wort: „Verteidigen wir unsere Demokratie, schützen wir unsere Demokratie vor rechtsradikalen Ideologien und Popularisierungen“, rief Boehncke der Menge zu.

Zum Abschluss redete Kabarettist Jürgen Becker

Bürgermeister Volker Mießeler sagte: „Heute sieht man wieder, was Bergheimer ausmacht – sie schauen nicht zu, sie handeln.“ Und er stellte klar, was nur von der Bühne aus zu sehen sei: „Hier sind 5000 Menschen. Der Platz ist ja komplett voll.“

„Gemeinsam schreiben wir Geschichte, gerade in diesem Augenblick – jedes Plakat, jede Parole, jedes Bekenntnis, jeder Demonstrant schreibt mit“, erklärte die Studentin Sarah Pomame N'Sabaka. Roswitha Stock von der Awo betonte: „Wir sind kein Strohfeuer, sondern bleiben aktiv – heute, morgen und übermorgen.“ Im Namen der Kirchen rief Monsignore Achim Brennecke alle auf, Widerstand zu leisten und sich für die freiheitliche Demokratie einzusetzen: „Nie wieder ist jetzt.“ Zuletzt sprach Kabarettist Jürgen Becker, der die beiden Lager der Welt erklärte: den liberalen Traum, der Menschenrechte thematisiert und die Freiheit – und den autoritären Traum, der so alt ist wie die Welt und immer wieder auflebe, so wie jetzt, wenn viele Menschen nicht mehr an die Demokratie glaubten und sie sogar zerstören wollten.

Becker: „Doch bei uns hat der demokratische liberale Traum die besseren Chancen, weil wir wissen: Wir sind stark, weil wir alle gleich sind. Wir leben die Freude der Unterschiedlichkeit – mir sin all Lück wie ich un du.  Deshalb fliegt hier keiner raus.“

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