Westen für WagenengelProtest-Textil aus Waldbröl reist durchs ganze Rheinland

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Alle Hände voll zu tun mit den bunten Protest-Westen für Wagenengel hat Peter Koch in Waldbröl-Altehufen: Er bedruckt sie gerade im Akkord, um sie dann bundesweit zu versenden. Unser Foto zeigt ihn an der Aufdruckmaschine.

Alle Hände voll zu tun mit den bunten Protest-Westen für Wagenengel hat Peter Koch in Waldbröl-Altehufen: Er bedruckt sie gerade im Akkord, um sie dann bundesweit zu versenden.

Aus Waldbröl ist die Idee, Wagenengel bei Karnevalszügen mit besonderen Westen auszustatten. Darauf steht: „Karneval ist bunt, nicht braun!“.

Als Peter Koch am Dienstag vor einer Woche sein Büro aufschließt, da ist das Telefon bereits heißgelaufen. Und geändert hat sich das seither eigentlich nicht. „Ich muss sogar meine andere Arbeit liegenlassen und auch Aufträge beiseiteschieben“, sagt der 48-Jährige, der in der Waldbröler Ortschaft Altehufen die Firma Reklamo führt. Denn alle wollen sie haben, die knallgelben Warnwesten mit dem kunterbunten Schriftzug auf dem Rücken: „Karneval in bunt, nicht braun!“.

Waldbröler Initiatoren hätten mit dieser großen Resonanz niemals gerechnet

Nach dem Bericht in dieser Zeitung hat der bunte Protest, den Wastl Roth-Seefrid und die Karnevalsfreunde Schönenbach um ihren Präsidenten Tim Duisberg angestoßen haben, sozusagen eingeschlagen wie ein Kamelleregen, auch in den sozialen Medien. „Aber mit einer solchen Welle haben wir wirklich nicht gerechnet“, sagt Roth-Seefrid. Ganz besonders freue es ihn, dass besonders kleinere Karnevalsgesellschaften und Dorfgemeinschaften nach den Westen fragen.

Getragen wird das Textil von Wagenengeln, wenn diese für Sicherheit sorgen im jecken Getümmel der anstehenden Karnevals- und auch Faschingszüge. Denn längst produziert Peter Koch, ein gelernter Mediengestalter Print und Digital, die Westen nicht mehr nur für Oberberg oder das Rheinland: „Die südlichste Bestellung kam eben aus Heidelberg.“ 18 Westen hat er gerade dorthin geschickt.

Auch die Fischköpp aus Siegburg-Kaldauen wollen die Westen haben, Alfred Unkrig hat sie in Waldbröl-Altehufen gerade abgeholt, wie unser Foto zeigt.

Auch die Fischköpp aus Siegburg-Kaldauen wollen die Westen haben, Alfred Unkrig hat sie in Waldbröl-Altehufen gerade abgeholt.

Wie viele Westen er insgesamt auf den Weg gebracht hat, das wisse er nicht mehr: „Ich stehe Tag und nach an den Maschinen – und habe den Überblick verloren. Vor lauter Arbeit habe ich den Umzug in Schönenbach verpasst.“ Die Karnevalsfreunde und die Waldbröler Karnevalsgesellschaft sind Besitzer der allerersten 35 Westen.

Und wenn in den Karnevalshochburgen Köln und Düsseldorf die Züge aufbrechen, dann trägt man auch dort ein Stück Oberberg – bei den Kölner „Schull- un Veedelszöch“ am Sonntag, 11. Februar, etwa. „Die meisten Westen habe ich bisher ins Rheinisch-Bergische geliefert“, verrät Koch. „Viele sind aber auch in den Rhein-Sieg-Kreis gegangen.“ Kaum hat er das gesagt, klingelt Alfred Unkrig (75) aus Siegburg-Kaldauen an der Tür, um solche Ware für die Kaldauer Fischköpp abzuholen.

Die günstigeren Westen sind in Waldbröl bereits ausverkauft

Weil die Nachfrage so groß ist, bittet Koch um eine rechtzeitige Anfrage, „zumal viele Vereine und Gesellschaften auf der Vorderseite ihr Logo sehen wollen“. Die mit 9,90 Euro günstigste Weste sei inzwischen ausverkauft, ergänzt der Altehufener, daher greife er jetzt zu einem Modell für 15 Euro, „das hat aber reflektierende Streifen“. Versendet werde die Ware dann in der Regel innerhalb eines Tages über UPS.

120 Warnwesten hat auch die Gemeinde Reichshof bestellt, allerdings bei einem örtlichen Hersteller. „Es ist so wichtig, dass wir auch im Karneval auf dem demokratischen Weg bleiben und zeigen, dass wir den Widerstand gegen den Rassismus und die Rechtsgerichteten aufrechterhalten“, erklärt Reichshofs Bürgermeister Rüdiger Gennies. Empfänger der Westen sind die KG Rot-Weiß Denklingen und die KG Tolle Elf aus Wildberg. „Und die werden auch bei anderen Umzügen in der Region damit Flagge zeigen.“

Das freut die Initiatoren, die in dieser Zeitung ausdrücklich zum Nachahmen eingeladen hatten. Daher sei der Schriftzug nicht geschützt, betont Peter Koch, der es zunächst mit einfachen, schwarzen Lettern probiert hat: „Aber die sahen zu unfreundlich aus, deswegen habe ich die Schrift bunt gemacht – richtig bunt.“ Die Herstellung der Protestwesten ist recht aufwendig: Per Computer wird der bunte Druck erstellt, den dann eine Maschine ausschneidet. Zuvor muss der Schriftzug aber fast zwei Stunden trocknen. Mithilfe einer Transferfolie werden die Lettern bei 180 Grad Celsius auf den gelben Stoff gebügelt.

„Das ist ein aufwendiges, teures Verfahren, das eigentlich nur bei kleineren Stückzahlen angewendet wird“, sagt Koch. „Hängen bleibt da fast nichts.“ Doch mache es ihn stolz, dass er damit als eine Art Sponsor ebenso zum Widerstand gegen Rechts beitrage. „Und was mir bei jedem Anruf, bei jeder Nachfrage auffällt: Die Leute sind unglaublich freundlich.“


Warnwesten fallen sehr klein aus

Hinweis von Peter Koch: „Die Westen fallen sehr klein aus.“ Wer also eine in der Größe XL bestellt, der erhalte dafür ein 3XL-Modell.

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