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VerzögerungVor dem Sommer fährt kein Zug nach Bad Münstereifel – Bahn nennt die Gründe

Lesezeit 4 Minuten
Der Bahnhof Bad Münstereifel liegt verlassen da.

In den Bahnhof Bad Münstereifel fahren auch in den kommenden Monaten keine Züge ein.

Frühstens drei Jahre nach der Flutkatastrophe kann die Strecke Euskirchen-Bad Münstereifel wieder genutzt werden.

Im Fachjargon heißt das „Anpassung der Terminsetzung“. Im Fall der Bahnstrecke zwischen Euskirchen und Bad Münstereifel bedeutet dies konkret: Frühestens Ende August wird die Kurstadt wieder mit dem Zug zu erreichen sein. Bis dahin müssen Schülerinnen und Schüler sowie die übrigen Besucher der Outlet-Stadt mit dem Bus fahren müssen, wenn sie kein privates Fahrzeug nutzen können oder wollen.

Damit verzögert sich die Reaktivierung der 14 Kilometer langen Strecke, die durch die Flutkatastrophe im Juli 2021 fast vollständig zerstört wurde, ein zweites Mal. Ursprünglich sollte sie Ende 2023 wiederhergestellt sein. Im Oktober wurde dann die Fertigstellung für den März angekündigt. Am Mittwoch nun teilten die Deutsche Bahn (DB) und die Baufirma Strabag mit, dass die Reaktivierung erst Ende August, zu Beginn des neuen Schuljahres, vollzogen sein werde.

Leider hat uns einmal mehr das Wetter ausgebremst.
Jens Schäfer, Deutsche Bahn

„Leider hat uns einmal mehr das Wetter ausgebremst“, begründete Jens Schäfer, Leiter Technik Portfolio Köln bei DB InfraGO, Infrastrukturprojekte West, die neuerliche Verzögerung: „Wir wollten mit dem Wiederaufbau der Erfttalbahn zum Jahresende fertig sein und dann direkt mit der Elektrifizierung durchstarten. Jetzt bitten wir noch um ein wenig Geduld, bis die Fahrgäste auch auf der Erfttalbahn wieder mit Zügen unterwegs sein können.“

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Die langanhaltenden und intensiven Regenfälle seit Herbst 2023 hätten den Boden unter den Gleisen so aufgeweicht, dass zusätzliche Stabilisierungsverfahren für den Untergrund notwendig gewesen seien.

Regen und Wintereinbruch behinderten Arbeiten auf der Strecke Euskirchen-Bad Münstereifel

Um den Boden zu härten, habe die DB zusätzliche Bindemittel einbringen müssen. „Arbeiten, die zwingend bei Plustemperaturen erledigt werden mussten, haben sich deshalb in den Winter geschoben. Leider hat der Wintereinbruch der letzten Wochen mit Frost und Schnee den Bauteams einen Strich durch die Rechnung gemacht – die Bauarbeiten mussten wieder neu eingetaktet werden. Hinzu kamen Lieferengpässe bei der Materialbeschaffung“, teilte die DB mit.

Der Busverkehr, der den Ausfall der Bahnstrecke kompensiert, werde bis zur Fertigstellung fortgesetzt, versicherte Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer von go.Rheinland. Dem Unternehmen sei bewusst, wie wichtig die Verbindung gerade für die vielen Schülerinnen und Schüler sei, so Reinkober: „Daher drängen wir darauf, dass die Wiederinbetriebnahme spätestens zu Beginn des neuen Schuljahres erfolgen kann.“ Vertreter von DB und Strabag zeigten sich zuversichtlich, dass das klappt.

Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian zeigt Verständnis für die Verzögerung

„Natürlich ist die Verzögerung ärgerlich, aber ich kann die Begründungen der Bahn nachvollziehen“, erklärte die Bad Münstereifeler Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian: „Bei den städtischen Projekten im Wiederaufbau sind wir wie die Bahn auch immer wieder mit Problemen wie Materialmangel, Witterung oder verdeckten Flutschäden konfrontiert.“

Bedauerlich sei, dass Pendler, insbesondere die Schülerinnen und Schüler, den Schienenersatzverkehr weiterhin nutzen und längere Fahrzeiten hinnehmen müssten. „Außerdem hätten wir uns insbesondere für den Einzelhandel sowie die gastronomischen und touristischen Betriebe gewünscht, dass Besucherinnen und Besucher der Stadt in diesem Frühjahr auch wieder mit der Bahn hätten anreisen können“, so Preiser-Marian.

Diese Verzögerung ist der DB zufolge besonders ärgerlich, weil die Arbeiten an der Strecke ansonsten gut vorankämen. Ein großer Teil der Wiederaufbaumaßnahmen sei bereits fertiggestellt. So wurden die Eisenbahnbrücken Kirspenich und Möschemer Mühle erneuert und die Brücke in Iversheim instandgesetzt.

Projektleiter: Elektrifizierung auf der Erfttalbahnstrecke kommt gut voran

„Rund zehn Kilometer Gleis wurden abgeräumt, sondiert und sieben Kilometer Gleis sind bereits wieder fertig. Hierbei wurden beispielsweise schon 14.000 Schwellen verlegt und 43.000 Tonnen Schotter bewegt“, erläuterte Projektleiterin Mojgan Krüger-Mahjouri in einer Online-Pressekonferenz. Zudem seien ein Durchlass in Kirspenich erneuert und an den Haltepunkten Arloff und Iversheim die Bahnsteige neu gebaut worden.

Parallel zum Wiederaufbau liefen die Arbeiten für die Elektrifizierung der Erfttalbahn auf Hochtouren, so Projektleiter Nikolai Kopnow. Nach den Kampfmittelsondierungen seien die Rammarbeiten durchgeführt und 124 von 219 Oberleitungsmasten aufgestellt worden. Die Fertigstellung der Elektrifizierung der drei Eifelstrecken ist für Ende 2026 geplant.

Wenn man sich klarmacht, dass im vergangenen Jahr bundesweit gerade mal 13 Kilometer elektrifiziert wurden und dass wir jetzt über 200 Kilometer vor der Brust haben, ist das ein wirklich außergewöhnliches Projekt.
Dr. Norbert Reinkober, go.Rheinland

Die Elektrifizierung, die dem Klima und der Umwelt guttun und die Züge zuverlässiger und leiser fahren lassen soll, war eigentlich erst für die 2030er-Jahre vorgesehen, wurde nun aber wegen der Wiederaufbaumaßnahmen gleich mit in Angriff genommen.

„Wenn man sich klarmacht, dass im vergangenen Jahr bundesweit gerade mal 13 Kilometer elektrifiziert wurden und dass wir jetzt über 200 Kilometer vor der Brust haben, und alles im Zeitplan läuft, ist das ein wirklich außergewöhnliches Projekt“, so Reinkober.

Denn neben der Erfttalbahn werden auch die übrigen Strecken, die in den und aus dem Kreis Euskirchen führen, elektrifiziert, also die Eifelstrecke (Kalscheuren-Nettersheim und weiter bis Trier, 164 km, davon 65 in NRW) und die Voreifelbahn (Bonn-Euskirchen, 33 km). 400 Millionen Euro an Kosten sind dafür eingeplant. 2600 Oberleitungsmasten, 210 Kilometer Fahrdraht und drei Jahre Bauzeit sind vorgesehen.

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