Blick hinter die KulissenWo im Siebengebirgsmuseum in Königswinter die wahren Schätze lagern

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Eine Frau zeigt auf ein historisches Plakat aus dem 19. Jahrhundert.

Ein Schatz aus dem Grafik-Depot: Museumsleitern Sigrid Lange mit einem historischen Plakat, mit dem für das Hotel Berliner Hof geworben wurde

In den Depots des Siebengebirgsmuseums schlummern viele Schätze. Rund 11.000 Objekte wurden bereits in einer Online-Datenbank erfasst.

Als Sigrid Lange den Karton mit der Nummer 223 öffnet, der im Regal Nummer 2 in Raum 5 gelagert wird, bringt sie unter anderem ein Rezeptbuch, eine kleine Kiste mit alten Fotos und einen historischen Reiseatlas ans Licht. Zwei Räume weiter, ebenfalls im Obergeschoss des Altbaus des Siebengebirgsmuseums in Königswinter, stehen etliche Gemälde in allen möglichen Größen.

Viele zeigen Ansichten des Siebengebirges oder die Ruine der Klosterkirche Heisterbach. Wieder einen Raum weiter befindet sich die geologische Sammlung des Heimatvereins Siebengebirge beziehungsweise des Museums. Alle Steine haben „einen Bezug zum Siebengebirge“, sagt Museumsleiterin Sigrid Lange.

Steine aus dem Siebengebirge werden bestimmt und registriert

Auf einem Tisch steht ein Mikroskop. Der Geologe Bernhard Böger kümmere sich in diesem Raum ehrenamtlich um Bestimmung und Registrierung der Steine, die der Heimatverein Siebengebirge in den 1930er Jahren gekauft habe.

Die Dauerausstellung im Siebengebirgsmuseum, das zuletzt 2011 erweitert wurde, zeigt eine Vielzahl von Objekten. Beispielsweise zu den Themen Weinbau, Steinabbau oder Tourismus. Mindestens genauso spannend ist aber das, was das Museum nicht ständig oder nur selten zeigen kann.

Allein im Haus an der Kellerstraße dienen mehrere Räume als Depot. Hinzu kommen drei Außendepots, in denen die konservatorischen Bedingungen aber alles andere als optimal sind, wie Sigrid Lange dieser Tage einmal mehr in ihrem Jahresbericht schrieb. Dort lagerten allerdings auch keine wertvollen Exponate, betont die Kunsthistorikerin.

Ganz anders im „Grafik-Depot“, das sich im Raum gleich neben ihrem Büro befindet. „Hier sind die wahren Schätze drin“, sagt die Museumsleiterin und zieht eine der flachen Schubladen eines Planschranks auf.

Geschützt durch Spezialpapier lagert dort beispielsweise ein aufwendig gestaltetes Plakat, mit dem 1856 der Berliner Hof für sich warb. Detailliert wird die Rheinpromenade dargestellt, auf dem Strom ist etwa eine Gierponte und ein Badeschiff zu erkennen.

„Diese prächtigen Blätter sind eher selten“, sagt die Museumsleitern und zeigt eine weitere Grafik mit der Darstellung des Hotels Berliner Hof, das im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstört wurde. An seiner Stelle steht heute das Sealife-Gebäude.

Dass die imposanten Blätter nicht in der Dauerausstellung zu sehen sind, hat seinen Grund. „Alle Papierarbeiten sind sehr empfindlich. Licht tut ihnen nicht gut“, betont Sigrid Lange. Zwar ist die Museumsleiterin seit langem dabei, das komplette Inventar des Museums in einer Online-Datenbank zu erfassen und hat inzwischen schon fast 11.000 Objekte registriert.

Dennoch wird jedes neue Objekt immer noch analog in einem Zugangsbuch registriert. In einem alten Zugangsbuch, das sich im Grafik-Depot befindet, ist als Nummer 54 mit Datum 15. März 1976 „1 Meißel zum Teilen der Steinblöcke in Ofenplatten (Backofenbau)“ vermerkt. Am 11. März 1976 sind „2 Pfeilerstücke aus St. Columba um 1500“ notiert worden.

Regale voll mit Tassen, Tellern, Flaschen und Keramikgeschirr

Ziemlich unübersichtlich wird es für den Laien dann aber in den Depoträumen im Obergeschoss des Altbaus. Die Regale sind voll mit Kartons, in denen sich zahllose Objekte befinden mit Bezug zum Siebengebirge. Thematisch geht es da beispielsweise um Eduard Rhein oder Krieg und Notzeiten. Der Fotograf dieser Zeitung entdeckt die verbeulte Hülse einer Panzergranate in einem Regal.

Im Raum schräg gegenüber stehen auf einem Tisch kleine Skulpturen des Bildhauers Ernemann Sander. Im schmalen Zimmer daneben sind die Regale voll mit Tassen, Tellern, Flaschen oder Keramikgeschirr. An anderer Stelle des Dachdepots, von dem es noch ein zweites gibt, steht ein Puppenwagen, der aus einem halbierten Weinfass konstruiert wurde.

In Sichtweite davon befindet sich eine große Holzfigur, die den Heiligen Nikolaus darstellt. In einem flachen Karton lagert ein Mammutzahn, der womöglich aus einem Königswinterer Steinbruch stammen soll.

Als eines ihrer Lieblingsstücke bezeichnet die Museumsleiterin einen kleinen Schubladenschrank, den sie zwischen landwirtschaftlichen Geräten entdeckt hatte. Er enthält rund 200 kleine Gipsabgüsse von Medaillen, wie sie im 19. Jahrhundert beliebt waren und gekauft werden konnten.

Bei einer ganzen Reihe von Spazierstöcken, die in einer Zimmerecke stehen, fragt sich Sigrid Lange nach eigenem Bekunden zwar dann doch, ob sie davon wirklich noch mehr gebrauchen könne. Aber bei einem „Sammlungsstopp“, wie ihn einige Museen verhängt hätten, sei sie persönlich „sehr zurückhaltend“.

Beim Museumsfest am Samstag, 6. Juli, von 14 bis 18 Uhr, können Besucher in kleinen Gruppen von zwei bis drei Personen einen Blick in die Räume des Dachdepots werfen.

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