Ukraine-Hilfe und US-WahlWarum Joe Biden noch lange nicht verloren hat

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Joe Biden an seinem Rednerpult.

Der Entscheider: US-Präsident Joe Biden äußert sich unmittelbar vor der Unterzeichnung des vom Kongress verabschiedeten Hilfspakets.

US-Präsident Joe Biden lässt die US-Hilfslieferungen für die Ukraine rollen. Das ist eine gute Nachricht für das von Russland überfallene Land. Aber dass der US-Kongress Biden die Handlungsfreiheit zurückgegeben hat, könnte auch Folgen für den US-Wahlkampf haben.

Kaum hat der US-Kongress das Hilfspaket für Ukraine, Israel und Taiwan bewilligt, da zeigt Joe Biden, wer das Heft des Handelns in der Hand hält: Er, der Präsident. Biden, von seinem Widersacher Donald Trump als „Sleepy Joe“ denunziert, tritt dynamisch und entschlossen auf. Schon wenige Stunden nach seiner Unterschrift unter das Hilfspaket rollten die Lieferungen. Zudem teilten die USA mit, dass die Ukraine auf Bidens Anordnung hin ATACMS-Raketen mit der hohen Reichweite von 300 Kilometern bekommen hat. Joe Biden, der Entscheider.

Das sind nicht nur gute Nachrichten für die Ukraine und verdammt schlechte für den russischen Machthaber Wladimir Putin. Vielmehr steht auch Putins US-amerikanischer Favorit Trump bis auf die Knochen blamiert da. Fast ein halbes Jahr lang hatte Trump mit einer unverantwortlichen Blockadepolitik – unter Inkaufnahme eines außenpolitischen Ansehensverlustes und vieler Toter in der Ukraine – dafür gesorgt, dass Biden im öffentlichen Eindruck als lahme Ente dastand. Fast ein halbes Jahr lang hat der vermeintlich machtlose Präsident aber durchgehalten, und am Ende hat er die Verhältnisse umgedreht: Eine große Mehrheit im Kongress hat Biden die Handlungsfreiheit zurückgegeben. Trumps Republikaner sind tief gespalten, Trump-Einpeitscherin Marjorie Taylor Greene wurde zur Witzfigur, der Ex-Präsident selbst hatte in letzter Minute beigedreht. Kein Akteur mehr, sondern ein Getriebener.

Der Populist Trump stößt an seine Grenzen

Zugleich häufen sich die unappetitlichen Prozesse gegen Trump und sein Umfeld. Statt politische Showtermine zu absolvieren muss er immer wieder vor Gericht erscheinen. Keine Empfehlung bei Wechselwählern. Noch gelingt es ihm zudem, vielen US-Bürgern das Bild einer angeblich lahmenden US-Wirtschaft zu vermitteln, die nur er wieder in Schwung bringen könne – aber wie lange wird er mit solchen Fake News noch die Debatte prägen, wo die realen Zahlen ganz anders aussehen? Zuletzt hat Trump sich sogar beim Thema Abtreibung verstolpert, mit dem er im christlich-konservativen Lager bisher abräumen konnte. Nun will er den US-Staaten freie Hand lassen, was am Ende keine Seite zufriedenstellt.

Werden die US-Wähler am Ende wirklich jemanden erneut ins Präsidentenamt schicken, dessen politischer Kurs nur noch wirr erscheint und der sich zwar als Bote christlicher Werte ausgibt, aber ein überführter Sexualtäter und ist und im Verdacht der Bilanzfälschung steht? Zwar liegt Trump in vier von sieben „Swing States“ vorn, deren Ergebnisse im antiquierten US-Wahlsystem den Ausschlag geben könnten. Aber der vermeintlich nicht aufzuhaltende Populist Trump stößt an seine Grenzen. Joe Biden hat noch lange nicht verloren.

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