Anwohner kritisieren PläneGeplante Unterkunft für Geflüchtete in Köln sorgt für Wirbel

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Der Komplex aus ehemaliger Oberfinanzdirektion und Generalzolldirektion an der Riehler Straße steht seit Jahren leer.

Der Komplex aus ehemaliger Oberfinanzdirektion und Generalzolldirektion an der Riehler Straße steht seit Jahren leer.

Die geplante Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete stößt auf Kritik bei der Anwohnerinitiative Neustadt-Nord/Villenviertel. Befürchtet werden Lärm, Unruhe und Verbrechen – und ein Sinken der Immobilienpreise.

Köln ist eine Hochburg der Bürgerinitiativen und auch der Bürgerbeteiligung. Aktuell formiert sich Protest gegen die geplante Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) des Landes NRW in der ehemaligen Oberfinanzdirektion nahe dem Reichensperger Platz. Fast 210 Unterschriften stehen unter einer Petition, in der sich Anwohnende des Viertels und der angrenzenden Straßen an den Landtag gegen das geplante Vorhaben wehren. Die Unterzeichner sind auch zum Teil Mitglieder der Interessengemeinschaft Neustadt-Nord/Villenviertel, die sich als gemeinnütziger Verein der Interessen der Bürger annimmt. Für die Petition zeichnen Rechtsanwalt Dr. Karl-Heinz Kappes und Franz Gruber, Inhaber des „ Grubers Restaurant“ an der Clever Straße, verantwortlich.

Angst vor Lärm und Kriminalität

In der Petition, die der Rundschau vorliegt, fürchten die Anwohnenden negative Folgen für das Agnes- und Kunibertsviertel. „Sollte die bisherige Planung umgesetzt werden, würde wohl erstmals in einer NRW-Großstadt eine EAE mitten in ein Wohnviertel gesetzt“, heißt es in dem Schreiben der Petition. Als mögliche negative Folgen beschreiben die Initiatoren: Eine Unterkunft dieser Größenordnung stelle dauerhaft eine Lärm- und Unruhequelle dar, eine Belegung mit unterschiedlichen Nationalitäten und Kulturen auf einem Raum führe zum Probleme mit Streitigkeiten, Alkoholismus, Eigentumsdelikten und Vandalismus. „Die Immobilienpreise in der Gegend würden mutmaßlich verfallen“, heißt es weiter. Und es komme zu einem abnehmenden Sicherheitsgefühl von Frauen, Männern und Kindern in unmittelbarem Umfeld von sehr großen Flüchtlingsunterkünften.

Die Unterzeichner und Initiatoren betonen in ihrem Schreiben ausdrücklich, dass sie weder gegen die Aufnahme von Flüchtlingen noch von rechtsextremen Gedankengut sind. Sie begründen, warum das Areal ihrer Meinung nach nicht geeignet ist. Als Gründe führen sie die Nähe zum Ebertplatz an, der nur rund 500 Meter entfernt ist. Zudem fehlten die notwendigen Freiflächen, heißt es. Des weiteren kritisieren die Anrainer, dass das Land keine Prüfung von Alternativen vorgenommen habe. Zwei Vorschläge liefert die Petition gleich mit: Das Otto-Langen-Quartier, um das sich bereits seit Jahren verschiedene Nutzungsgruppen reißen, und die leerstehenden Gebäude von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) in Mülheim. Das Areal Otto-Langen ist zum Großteil im Besitz des Landes, ebenso wie der Komplex aus Oberfinanzdirektion und Generalzolldirektion am Riehler Platz. Zu den Eigentumsverhältnissen der KHD-Gebäude macht die Petition keine Angaben. Auch macht die Petition keine Angaben dazu, wie hoch die Bevölkerungsdichte im Kuniberts- und Agnesviertel ist, obwohl das „dicht besiedelte Wohngebiet“ die Hauptbegründung der Kritiker des Vorhabens einer Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge ist.

Schule und Studentenwohnungen

Das Gebäudeensemble aus Oberfinanzdirektion mit rund 15000 Quadratmetern Fläche und dem anliegenden Hochhaus (7500 Quadratmeter) steht seit nunmehr drei Jahren leer. Im vergangenen April wurde bekannt, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb keinen Nutzen mehr für den Komplex habe. Daraufhin meldete sich die Politik: Die Kölner CDU forderte, dass die Stadt im Hochhaus Studentenwohnungen realisieren soll und den denkmalgeschützten Altbau zur Schule umfunktionieren könnte. Dafür müsste die Stadt ihr Vorkaufsrecht nutzen, sollte das Land die beiden Bauten tatsächlich abstoßen wollen. Daran zeigte die Verwaltung großes Interesse, doch dies ist nur möglich, wenn das Land die Gebäue tatsächlich zur Disposition stellt. Dafür erfolgte eine Abfrage der Entbehrlichkeit bei den Landesbetrieben. Drei Monate später meldete das Land jedoch mit der Einrichtung der Erstaufnahmeeinrichtung für 500 geflüchtete Menschen neue eigene Pläne an und machte dem Kauf durch die Stadt einen Strich durch die Rechnung. (ta/rom)

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